Sonntag vor vier Wochen feierten wir in der Küche unserer Lieblingsnachbarn einen Kindergeburtstag, als meine Nachbarin mich plötzlich mit den Worten „I have to tell you something!“ zur Seite nahm. Leider war sie nicht schwanger so wie ich vermutet hatte, sondern dabei aus unserem Haus auszuziehen. Ihr Mann hatte ein super Job-Angebot in Kalifornien erhalten, was bedeutet, dass sie noch vor dem 1. Mai ihre Wohnung räumen werden.
Diese Neuigkeit traf mich wie ein Keulenschlag und löste einen gigantischen Tränenalarm aus. Da noch andere Erwachsene anwesend waren, konzentrierte ich mich immens darauf nicht zu weinen, aber wie sehr ich mich auch bemühte, in den nächsten Stunden kullerten immer wieder ein paar dicke Tränen über meine Wangen. Ich war einfach zu traurig.
Füreinander bestimmt
Unsere Nachbarn waren einen Monat nach uns (im Juli 2017) eingezogen und nach unserer schlechten Erfahrung in Deutschland ein Segen. Wir wohnen recht intim in unserem Haus zusammen, weil es keine richtige Trennung zwischen unseren Wohnungen gibt. Der Hausflur ist offen und wir stehen quasi sofort vor der Wohnzimmertür des anderen. Für uns überhaupt kein Problem, weil wir alle bestens miteinander auskommen.
Unsere Nestlinge (3 und 6 Jahre) und die Nachbarskinder (6 und 8 Jahre) lieben sich und wir Mamis genießen es, dass die Racker sich jederzeit frei im Hause bewegen und wirklich gerne, viel und gut miteinander spielen. Im Laufe der letzten Monate sind wir zu einer großen Familie zusammen gewachsen und ich hatte mich schon sehr auf unseren zweiten, gemeinsamen Sommer und eine „ deutsch-amerikanische“ Gartengeburtstagsparty für das Mädchen im Juni gefreut.
Und plötzlich ist alles anders…
Als das Mädchen an besagtem Sonntag so unverhofft wie ich erfuhr, dass uns nur noch wenige Wochen mit unseren Nachbarn bleiben, schmiss sie sich laut weinend in meine Arme. In den Abendstunden tat ich es ihr gleich.
Nachdem ich den Bub in den Schlaf begleitet hatte, blieb ich im Bett liegen. Schluchzend und tieftraurig. Tränen strömten in nicht enden wollenden Bächen über meine Wangen und ich ließ es ohne Widerstand geschehen. Wieder einmal hieß es Abschied nehmen von geliebten Menschen. Menschen, die nicht nur mir, sondern auch den Kindern immens viel bedeuten.
Während mein Körper unaufhörlich alles hinausspülte, merkte ich, dass da mehr als nur der Umzug der Nachbarn hinter meiner tiefen Traurigkeit steckt. Da hatte sich wohl einiges in den letzten Wochen angestaut.
Endlich angekommen: Im Tal der Tränen
Ich hatte schon viel eher mit einer emotionalen Durststrecke gerechnet, aber die Rahmenbedingungen (super Haus, viel Sonne, nette Kontakte…) sorgten lange Zeit ausschließlich für gute Stimmung.
Nun zog sich der Winter jedoch unerwartet zäh und wesentlich feuchter und grauer als erwartet, so dass sich einige, kleine Unannehmlichkeiten ohne das gemütsaufhellende Sonnenlicht zu einem größeren „Gedanken-Frustklumpen“ in meinem Kopf geformt hatten.
Alltag in Amerika: Unsere Stolpersteine
Unnahbare Amerikaner
Es gestaltet(e) sich für mich schwierig, tiefgehende Beziehungen zu „echten“ Amerikanern aufzubauen. Die meisten Mütter, mit denen ich mich so richtig gut verstehe, sind selbst internationaler Herkunft und keine Muttersprachler. Das und die Sprachbarriere (es wird wohl noch ein paar Jahre dauern, bis ich mich im Englischen genau so elegant, schlagfertig und fehlerfrei wie in meiner Sprache ausdrücken kann), führt dazu, dass ich mich manchmal nicht dazugehörig fühle. Sozusagen wie der Ausländer, der ich hier ja tatsächlich bin.
Niemand spielt im Winter draußen
Der Schulspielplatz ist im Winter nach Schulschluss wie leer gefegt, weil die amerikanischen Kinder bei Kälte nicht draußen spielen dürfen oder sofort zu ihren „after school“ Aktivitäten manövriert werden. Immerhin fanden wir eine gleichgesinnte Mama, die uns auch an kalten Nachmittagen stundenlang auf dem Schulspielplatz Gesellschaft leistete. Doch leider befindet sie sich gerade mit ihren Kindern für vier Wochen in Brasilien bei ihrer Familie. Das heißt, dass gerade weitere, wichtige Bezugspersonen für mich und die Nestlinge fehlen.
Neuer Führerschein
Des Weiteren stand ich wochenlang vor nahezu unüberwindbaren, bürokratischen Hürden, als ich den theoretischen Test für den New York Führerschein machen wollte (mehr dazu auf Instagram). Jetzt steht die praktische Prüfung noch bevor. Mitte April. Und ich frage mich immer wieder, warum ich nach 20 Jahren unfallfreier Fahrpraxis damit gequält werde, während jedes noch so junge und fahrunerfahrene Au Pair ein ganzes Jahr lang mit internationalem Führerschein fahren darf.
Unfaire Kollegen
In Thomas’ Firma gab es einige unschöne Begebenheiten, die ihn mehrere Wochen ziemlich mitgenommen haben, so dass ich ihn verstärkt emotional „aufgepäppelt“ habe. Mittlerweile ist alles weitestgehend geklärt und abgehakt, doch wir haben gelernt, dass der Fokus bei einigen amerikanischen Kollegen weniger auf einem kollegialen Miteinander liegt, sondern eher auf persönlichem Erfolg: Stichwort Ellenbogenkampf. Glücklicherweise ist das nicht bei allen so.
Safety Regulations
Was ich noch nicht gelernt habe, ist mich mit den teils unsinnigen Sicherheitsvorkehrungen anzufreunden. Da hier jeder jeden wegen der kleinsten Kleinigkeiten (Lippen am heißen Kaffee verbrannt) verklagen kann, schützen sich Unternehmen und Einrichtungen entsprechend mit strikten Regeln. Dazu gehört zum Beispiel, dass Kinder in Schwimmbädern erst ab einer Größe von 120 cm rutschen dürfen. Erklär das einer mal dem rutschwütigen, aber viel zu kurzem Bub.
Helikopter Eltern
Doch auch innerhalb amerikanischer Familien wachsen die meisten Kinder extrem überbehütet und mit strikten Sicherheitsvorkehrungen auf. Sie werden draußen keine Sekunde aus den Augen gelassen und ständig mit „Be careful!“ gewarnt. Meine Herangehensweise – Kinder von klein auf alles, was sie nicht in Lebensgefahr bringt, probieren zu lassen (wie Gemüse schneiden mit richtigen Messern) – ihnen und ihren Fähigkeiten zu vertrauen, kollidiert mächtig mit hiesigen Ansichten. Passend dazu fand ich neulich den Artikel „Was Amerikaner an deutscher Kindererziehung schätzen„.
Schludrigkeit
Dafür sind die Amerikaner bei anderen Dingen wesentlich „gelassener“, beispielsweise wenn es um handwerkliche Arbeiten geht. Nicht nur, dass ich trotz sehr konkreter Zeitangaben schon stundenlang vergebens gewartet habe und sich gewisse Arbeiten, wie das Wiedereinsetzen unserer Toilette ins Gästebad, über Wochen (!) erstreckten. Manche Dinge werden hier so lieblos und unprofessionell zusammengeschustert, dass sie weder gut aussehen noch dauerhaft halten. Zum Glück wohnen wir hier nur zur Miete…
Heftige Preise
Womit ich mich wahrscheinlich nie anfreunden kann, sind die horrenden Preise und die „Upselling-Mentalität“. Die Lebenshaltungskosten sind hier grundsätzlich sehr hoch, aber die Eintrittsgelder für Freizeitaktivitäten teilweise schmerzhaft teuer. Für einen zweistündigen Spaßbadbesuch haben wir beispielsweise 140 Dollar bezahlt. Die Spinde hätten jeweils 10 Dollar kosten sollen (also 20 $ extra). Und dann darf der Bub aus Sicherheitsgründen weder rutschen noch vom Beckenrand springen, sondern sich zwei Stunden lang nur in einem Reifen sitzend in einem kreisförmigen Strudel bewegen (siehe Instagram). Hammer, oder?
Krankenversicherung
Apropos Geld: Mit unserer Krankenversicherung (mit knapp 700 Dollar nicht der günstigste Tarif) werden wir nur von Zahnärzten mit unterirdischem Ruf akzeptiert. Der Tarif darf nur einmal im Jahr gewechselt werden (das nächste Mal im November 2018), aber auch nur, wenn man heiratet, sich scheiden lässt, ein Kind bekommt, den Job verliert oder der Partner stirbt. Also in unserem Fall gar nicht.
Fatale Fehldiagnose
Zu allem Übel klagte das Mädchen vor einigen Tagen über Zahnschmerzen und frische Röntgenaufnahmen zeigten fünf (!!) Löcher in ihren Milch-Backenzähnen. Mindestens eines davon, war bei der letzten Kontrolle (für die Schulunterlagen) am 01.08. 2017 bereits auf dem Röntgenbild sichtbar, doch der zuständige Zahnarzt (einer von denen mit unterirdischen Bewertungen) hat das nicht gesehen oder er wollte es nicht sehen, denn er ist mittlerweile Rente.
Da die Löcher über 8 Monate Zeit hatten, ungehindert zu wachsen, musste ein entzündeter Zahn (der vom Röntgenbild) gezogen werden und ihr stehen weitere unschöne Behandlungen bei einem Spezialisten für Kinder bevor. Diese müssen wir höchstwahrscheinlich selbst bezahlen (etwa 200-400 Dollar pro Zahn), da unsere Krankenversicherung den Besuch eines Kinderzahnarztes natürlich nur bis zum Alter von sechs Jahren finanziert. Ich kann Euch gar nicht beschreiben wie unfassbar frustriert ich bin.
New Yorker Winter
Die allergrößte und langwierigste Herausforderung für mich war jedoch dieser unendliche Winter mit dem Kita-freien Bub. Ich war ja im letzten Update noch ganz euphorisch, weil wir bis zum November noch grandiose Temperaturen hatten. Aber ab Dezember war es meist so kalt und windig, dass wir nur Lust auf die maximal 2-3 Stunden Frischluft am Nachmittag auf dem Schulspielplatz hatten. Indoorspielplätze konnten wir irgendwann auch nicht mehr sehen, was wiederum bedeutete, dass uns zu Hause allmählich die Decke auf den Kopf fiel.
Die Kinder fanden es super, dass es hier so verhältnismäßig oft und viel geschneit hat, obwohl sie nur insgesamt drei Mal rodeln konnten, weil der Schnee immer so flott geschmolzen ist. Mir dagegen machen lange und dunkle Kältephasen zu schaffen. Das war schon in Deutschland so und ist jetzt in New York leider nicht anders. Vielleicht müssen wir auch nach Kalifornien ziehen. Da gibt es bald nette Menschen, die wir kennen und angenehm warme Winter 🙂
Alles ist vergänglich: Das richtige Buch zur richtigen Zeit
Während die Nachbarn Umzugskisten packten und meine Laune einen historischen Tiefpunkt erreichte, las ich 10% Happier (<— das ist ein Amazon Affiliate Link!) von Dan Harris. Eine packend geschriebene Biografie über sein Leben als karrierewütiger Nachrichtensprecher und Journalist in Kriegsgebieten. Er beschreibt seinen turbulenten und teils dramatischen Lebensweg und wie er sich intensiv mit Autoren von „Selbsthilfe-Büchern“ (wie Eckhard Tolle) und schließlich der Meditation auseinander setzt und dabei etwa 10% glücklicher wird.
Ich hole deswegen so weit aus, weil mir dieses Buch zufälligerweise dabei geholfen hat, die neue Situation mit unseren Nachbarn leichter anzunehmen.
„Eckhard Tolle verunglimpft wiederholt die menschliche Gewohnheit
sich ständig zu sorgen, welche er als sinnlosen Prozess,
die eigenen Ängste in die Zukunft zu projizieren, charakterisiert.“
(Dan Harris)
Genau das ist nämlich bei der Nachricht des Umzugs in meinem Kopf passiert: „Wer wird als nächstes unten einziehen? Hoffentlich keine alten Leute, die nur tagsüber schlafen! Was, wenn sich unsere Kinder nicht mit den neuen Nachbarskindern verstehen? Und so weiter und so weiter…
Ich war doch sonst immer so zuversichtlich, dass sich alles zum Guten wenden wird. Doch in den letzten Wochen hing ich ernsthaft in meinem Winterloch und meinen negativen Gedanken fest.
Als sich Harris in dem Buch intensiv mit dem Buddhismus auseinandersetzt und der Hauptthese, dass alles vergänglich ist, setzte ein klares Umdenken bei mir ein.
„In einer Welt, in der sich alles ständig ändert,
leiden wir, weil wir an Dingen festhalten,
die nicht lange anhalten.“
(Dan Harris)
Oder anders ausgedrückt:
Laufe nicht der Vergangenheit nach,
verliere dich nicht in der Zukunft.
Die Vergangenheit ist nicht mehr.
Die Zukunft ist noch nicht gekommen.
Das Leben ist hier und jetzt.
(Laotse)
Achtsamkeit: Was ist mit mir los?
Entspannt im hier und jetzt zu sein, wollte mir im Winter partout nicht gelingen. Meine Gedanken sprangen wie Ping-Pong-Bälle hin und her, da kamen Harris’ Zeilen zur Achtsamkeit (mindfulness) wie gerufen:
„Kurz gesagt, ist Achtsamkeit die Fähigkeit zu erkennen,
was gerade in diesem Augenblick in Deinem Kopf vorgeht – Wut, Eifersucht, Traurigkeit, die Schmerzen eines eingeschlafenen Zehs, was auch immer – ohne sich davon mitreißen zu lassen.“
Dan Harris
In den letzten Wochen hatte ich mich gewaltig von den kleinsten Kleinigkeiten mitreißen lassen. Das verbesserte sich erst durch wiederholte Achtsamkeitsübungen (die Gedanken anhalten, durch die Nase ein- und ausatmen und bewusst wahrnehmen, was ich tue) und die von Harris beschriebenen RAIN Methode:
R: Recognize (erkennen)
A: Acknowledge (zulassen)
I: Investigate (beobachten)
N: Non-Identification (nicht damit identifizieren)
Ich versuche demnach bei übler Laune meinen Gefühlszustand zu erkennen und ihn zuzulassen; zu beobachten, was er mit mir macht und zwar ohne mich mit ihm zu identifizieren. Also, ich bin gerade traurig und es führt dazu, dass ich mich mehr weine, als lache. Doch ich bin deswegen kein trauriger oder gar depressiver Mensch. Das sind nur meine Gefühle und ich brauche einfach etwas Zeit für sie. Und mich.
Achtsamkeit: Gefühle zulassen
Für mich war dieser Ansatz hilfreich und auch meine Gefühle zu- und rauszulassen, ohne sie unterdrücken zu müssen oder mich dabei schlecht zu fühlen. Genau wie es meinen Nestlingen gut tut, wenn sie weinen oder wütend sein dürfen und ich sie einfach nur verständnisvoll in den Arm nehme. Bei mir war es Thomas’ Verständnis, seine Arme und aufmunternden Worte, die mich auffingen. Das war Balsam für meine Seele.
Achtsamkeit: Akzeptieren, was ist
Gleichzeitig war mein neues Mantra „Es ist wie es ist!“
Meine Traurigkeit ist ok, aber sie ändert nichts an der Tatsache, dass unsere Nachbarn wegziehen. Meine Wut ist nachvollziehbar, aber macht die Zähne des Mädchens nicht wieder heil. Die Regeln und Gepflogenheiten hier sind teils unbegreiflich anders für mich, doch mich permanent darüber aufzuregen, hilft mir nicht, (besser) damit umzugehen.
Bei emotionaler Aufruhr hat Dan Harris für sich neben der RAIN Methode die Frage: „Bringt mich das weiter?“ verinnerlicht und genau das versuche ich jetzt auch. Denn ich kann mich jederzeit bewusst entscheiden: Will ich mein ganzes Leben lang gegen alles ankämpfen, was ungewohnt oder unangenehm ist oder lerne ich zu akzeptieren, was kommt und das Beste daraus zu machen?
Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden,
kann man Schönes bauen.
(Johann Wolfgang von Goethe)
Achtsamkeit: Den Blick für das Gute im Leben behalten
Ich finde es immer wieder erstaunlich wie schnell wir dazu neigen, die vielen, guten Dinge in unserem Leben als selbstverständlich anzusehen und uns an den Schlechten festzubeißen. In diese Falle bin ich definitiv auch getappt. Dabei gibt es für mich wahrlich keinen Grund, den Kopf so tief hängen zu lassen.
Es ist doch egal, ob ich amerikanische oder internationale Freundschaften schließe, das einzige was zählt, ist, dass ich Menschen finde mit denen ich mich gut verstehe – und das tue ich.
Das dem Mädchen ein Zahn gezogen werden musste, ist furchtbar ärgerlich. Aber wir können uns die Behandlungskosten leisten und davon abgesehen erfreuen wir uns bester Gesundheit.
Der Winter ist kalt und ungemütlich und überhaupt nicht mein Ding, aber es ist ja nicht so, als wenn wir nun für immer in dieser einen Jahreszeit gefangen wären. Davon abgesehen haben wir doch unser heimeliges Haus als gemütlichen Rückzugsort – es könnte alles wahrlich schlimmer sein.
Die Menschen hier sind eventuell gänzlich anders, als ich, aber sie lehren mich über den Tellerrand hinauszuschauen und flexibel zu bleiben – meine Ansichten und Erwartungen immer wieder neu zu überdenken.
Und auf diese Weise könnte ich die Liste hier bis ins Unendliche erweitern. Von den oben genannten, wirklich kleinen Stolpersteinen abgesehen, geht es uns gut. Nein, fantastisch. Es ist nur wichtig, den Blick dafür nicht zu verlieren.
Wahre Freundschaft kennt keine Entfernung
Unsere Auswanderung hat mir übrigens genau wie meine anderen Auslandsaufenthalte vorher gezeigt, dass der Kontakt zu wirklich guten Freunden, auch über enorme Distanzen und Zeitabstände hinweg erhalten bleibt. Das ist gerade in zweierlei Hinsicht wichtig für mich:
Einerseits weiß ich, dass ich mich jederzeit bei meinen deutschen Mädels melden und ausheulen kann. Sie stehen Gewehr bei Fuß und zücken die virtuellen Taschentücher bei Bedarf, egal wie viele Monate es schon her ist, dass wir uns gesehen haben. Andererseits werden auch neuere Freundschaften, die auf einem soliden Fundament gebaut sind, räumliche Trennungen aushalten. Das bedeutet, dass alle Menschen, die ich ins Herz geschlossen habe und denen ich auch etwas bedeute, immer ein bereichernder Teil meines Lebens bleiben werden. Egal wo wir uns befinden.
„Es gibt Menschen die wohnen im Herzen…
Sie können noch so weit entfernt sein –
im Herzen sind die immer ganz nah.“
(Claudia Taler)
Neues Kapitel: Zuversicht
Nun habe ich alles rausgelassen, was raus musste und bin fast wieder die alte Kathrin. Klar bin ich noch etwas traurig und ich finde es schade, dass sich unsere Wege jetzt schon trennen müssen. Beim richtigen Abschied werden ganz bestimmt noch weitere Tränen fließen… Aber gleichzeitig bin ich dankbar, dass ich unsere Nachbarn überhaupt kennenlernen durfte.
Ich habe mich mit der neuen Situation angefreundet und bin jetzt echt neugierig, wer demnächst in unser Leben tritt. Ich bin bereit für Veränderungen.
Mit all den anderen kleinen und größeren Alltagsproblemen mache ich es wieder wie gehabt. Ich suche Schritt für Schritt nach Lösungen, die uns aus dem jeweiligen Schlamassel herausziehen, ohne mich von betrübten Gedanken davon tragen zu lassen. Das ist eigentlich eine meiner größten Stärken, ich musste sie nur reanimieren.
Der Weg ist das Ziel
Übrigens habe ich bei meinem ganzen Achtsamkeitsprozess das Joggen gegen tägliche Yogaeinheiten eingetauscht. Mein Körper zeigte mir sehr genau, welche Art von Bewegung ihm besser bekommt, darauf habe ich gehört. Meditieren wäre sicherlich das Sahnehäubchen für meinen Ping-Pong-Geist, aber dafür bin noch nicht so richtig bereit.
Seit der spontanen Neuorientierung unserer Nachbarn bin ich jedoch offen für neue Wohnorte. Thomas und ich, wir wissen seit einer Weile, dass wir hier nicht alt werden. Dafür dreht sich in New York alles viel zu sehr um’s Geld – das sind nicht wir. Wir bleiben mindestens ein weiteres Jahr hier, weil ich gerne einen ruhigen Sommer ohne Umzugsstress genießen möchte, aber danach könnte ich mir auch gut vorstellen, andere Flecken der Welt zu erkunden. Vielleicht Australien? Die Australier wirkten vor 20 Jahren so herrlich entspannt. Oder eine andere hübsche und sonnige Inseln mit Internetzugang?
Ich halte Euch wie immer auf dem Laufenden. Bis dahin könnt Ihr gerne ein paar hübsche Reiseziele (gerne auch zum Leben) hier lassen, falls Euch dazu etwas einfällt. Von Euch habe ich schon so oft gute Inspirationen erhalten, wäre doch witzig, wenn einer von Euch unser nächstes Ziel bestimmt 🙂
In diesem Sinne bis bald
Eure Kathrin
Someday everything will make perfect sense.
So, for now, laugh at the confusion,
smile through the tears and keep reminding yourself,
that everything happens for a reason.
(John Mayer)