Vielleicht ist euch aufgefallen, dass hier gerade etwas Funkstille herrscht? Das liegt in erster Linie daran, dass der Bub (17 Monate) gerade für großes Chaos sorgt. Tagsüber klammert er an mir wie schon lange nicht mehr; er isst mäßig, stillt dafür viel (viel mehr als vorher) und er regt sich furchtbar schnell auf – mit vielen Tränen und großem Getöse. Abends kommt er trotz Einschlafstillen schlecht zur Ruhe und schläft er dann nach 2-3 Stunden verlängertem Abendprogramm endlich ein, lässt er mich nicht gehen. Kurzum: Ich bin gerade im 24 Stunden Dauereinsatz.
Das kenne ich doch!?
Ein ähnliches Chaos verursachte unser Mädchen ebenfalls mit etwa 1,5 Jahren, weswegen ich innerlich auf solch einen „Rückschritt“ vorbereitet war. Trotzdem hatte ich gehofft, dass es mich beim Bub nicht ganz so schlimm erwischen würde, aber die für mich herausfordernden Phasen wie das nicht Durchschlafen oder eben ausgeprägte Wachstumsschübe, durchlaufen beide Nestlinge offenbar gleichermaßen intensiv.
Es ist nur eine Phase. Wieder mal…
Ich bin absolut nicht begeistert, dass hier gerade alles aus dem Ruder läuft und der Bub meine Aufmerksamkeit und Nähe so stark fordert. Zumal ich gerade versuche kleine Auszeiten für mich zu schaffen, weil ich nach all den Jahren, die ich mich primär um die Bedürfnisse meiner Familie kümmerte nun den Wunsch verspüre, ab und zu etwas nur für mich zu machen (dazu bald mehr). Aber leidende, von Entwicklungssprüngen geplagte Nestlinge gehen vor und außerdem weiß ich ganz sicher, dass nach diesem katastrophalen Schub eine sehr lange, angenehme Zeit folgen wird. Das gibt mir die Kraft noch ein bisschen länger durchzuhalten.
So (er)trägt’s sich leichter
Um mir den Alltag mit dem anhänglichen Buben zu erleichtern, arbeite ich mit einigen Tricks. Damit ich ihn beispielsweise nicht immer einarmig beim Kochen oder bei den Hausarbeiten schleppen muss, stelle ich ihn entweder in unseren „Learning Tower“ (oder Lernturm) – ein Hochstuhl aus zwei Ikeahockern, von dem aus der Racker zuschauen und mithelfen kann (eine Bauanleitung gibt es z.B. hier). Besteht er auf Körperkontakt, packe ich ihn mir in eine Tragehilfe auf den Rücken – von da aus kann er kuscheln und zugucken und ich meinen Aufgaben nachgehen.
Einschlafprobleme: Schmökern statt schimpfen
Bekomme ich ihn abends nicht wie gewohnt ins Bett, darf er aufstehen. Denn es bringt nichts, ihn ins Bett zu zwingen, wenn er nicht schlafen kann. Erst Recht nicht, weil ich mich daneben lege (wir begleiten unsere Nestlinge ja immer in den Schlaf). Dann bin ich nämlich gedanklich bei all den Dingen, die ich noch erledigen möchte, werde ebenfalls hibbelig und übertrage diese innere Unruhe, was das Einschlafen noch mehr erschwert.
Natürlich finde ich es blöd, wenn der Abend anders verläuft als von mir geplant und ich nicht zum Schreiben komme (was ich eigentlich immer in den freien Abendstunden tue). Aber stattdessen widme ich mich liegengebliebenen Dingen im Haushalt oder einem schönen Buch, denn abends gilt: „Du darfst gerne aufbleiben, wenn Du nicht schlafen kannst, aber ich spiele nicht mit Dir!“
Beim Bub klappt das noch nicht 100%ig und wenn er mit seinen liebfragenden Kullleraugen und jeweils einem Buch in jeder Hand vor mir steht, werde ich gelegentlich schwach und lese dann doch mit ihm. Aber die meiste Zeit kann ich tatsächlich für mich nutzen, zwar anders als erhofft, aber zumindest nicht vor mich hin grummelnd, weil ich untätig ans Bett gefesselt bin.
Schlimmer geht’s immer: Der krönende Fieberabschluss
Als ich mich innerlich vom Arbeiten verabschiedet und ganz auf Nestling Nr. 2 eingeschossen hatte, schleppte das Mädchen – um das ganze Desaster abzurunden – noch einen Infekt an. Sie war nach einem Fiebertag (bei sonnigen 28 Grad Außentemperatur wohlgemerkt) und ein paar Tagen mit leichtem Husten und Schnodder wieder auf den Beinen, der Bub dagegen quält sich nun schon seit fünf Tagen mit mäßiger Körpertemperatur (unter 38 Grad) und heute legte ihn schließlich eine Mandelentzündung mit über 39 Grad Fieber lahm. Dementsprechend wohnt er nun auf mir, aber weil er platt ist wie ne Flunder und fast nur schläft, kann ich zumindest mit der rechten Hand fix diesen Bericht hier tippen.
Es annehmen und das Beste daraus machen
Ich könnte jetzt enttäuscht und frustriert sein, weil ich gefühlt wieder mal zu nix komme, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass es dem Bub aus verschiedenen Gründen nicht gut geht, dass er nicht wie gewohnt schlafen kann und dass er meine Nähe so sehr braucht wie schon lange nicht mehr. Und Frust würde auch nichts daran ändern, dass ich für meine Nestlinge da sein will, wann immer sie mich brauchen.
Ob sie nun nicht ein- oder durchschlafen können, ob sie sich vor Wut wie ein Kreisel am Boden drehen oder ob sie fiebernd in meinen Armen liegen – statt mich gedanklich dagegen zu wehren, versuche ich all diese Situationen so anzunehmen wie sie sind und mich ganz und gar meinen kleinen durcheinander geratenen Wesen zu öffnen. Hauptsächlich mit vielen, vielen Kuscheleinheiten, weil ihnen genau das jetzt am besten hilft und weil das Zeitfenster, in dem meine Kinder ausschließlich mich bzw. meine körperliche Zuwendung wollen, begrenzt ist. Kurzum: Wenn ihre kleinen Arme nach mir greifen, lasse ich alles andere gerne warten.
„Die wichtigste Stunde ist immer die Gegenwart,
der bedeutendste Mensch ist immer der, der dir gerade gegenübersteht,
das notwendigste Werk ist stets die Liebe.“
(Meister Eckehart)