Thomas ist geschäftlich in Las Vegas unterwegs und ich bin alleine mit den Nestlingen. Als ich die Kinder vorhin ins Bett brachte – normalerweise begleitet Thomas das Mädchen in den Schlaf und ich den Bub – prostierte das Mädchen (fast 6 Jahre): „Mama, ich kann nicht einschlafen!“
Sie gähnte jedoch unentwegt und konnte ihre Augen kaum offen halten. Da fiel mir die Einschlafmeditation ein, mit der ich sie vor einigen Monaten das letzte Mal in den Schlaf beförderte, als sie so unruhig und aufgewühlt war. Mein „Einschlaf-Zaubertrick“, über den ich eigentlich schon lange berichten wollte.
Einschlafbegleitung: Vom Einschlafstillen zum Einschlafkuscheln
Die ersten Jahre habe ich das Mädchen in den Schlaf gestillt, was nicht nur bequem und einfach war, sondern auch immer so zuverlässig wirkte wie eine Narkose. Nach dem Abstillen brauchte ich ein neues, zuverlässiges Einschlafritual.
Vor dieser Veränderung hatte ich zunächst Bammel, weil ich nicht wusste, wie die neuen Gewohnheiten ausschauen und ob sie ebenso schnell und sicher anschlagen würden.Erstaunlicherweise fiel dem Mädchen die Umstellung von Einschlafstillen zum Einschlafkuscheln leicht. Schon am ersten Abend schlief sie mit kurzem Protest, aber ansonsten ohne weiteres Hilfsmittel in meinen Armen ein (siehe auch „Abstillen beim Kleinkind“).
Für gewöhnlich reicht es ihr, wenn wir uns mit ihr ins Bett legen. Ist sie müde genug, lesen wir ihr zuerst eine Geschichte vor, bevor sie mit dem Kopf auf unserer Schulter einschläft. Wie bereits erwähnt, übernimmt meist Thomas diesen Part.
Ohne Körperkontakt findet das Mädchen allerdings nicht zur Ruhe. Wir haben zeitweise versucht, sie alleine ins Bett zu packen (mit einem Hörbuch oder ohne, mit schummerigen Licht oder ihrer beruhigenden Schildkröte), aber egal was wir probierten, ohne uns zappelt sie solange herum, bis wir uns endlich zu ihr kuscheln. Da sie an unserer Seite in kurzer Zeit einschlummert – diese Nähe nicht nur genießt, sondern wir anscheinend äußerst beruhigend auf sie wirken – begleiten wir sie auch heute noch jeden Abend in den Schlaf.
Wir investieren die wenigen Minuten, die uns die Einschlafbegleitung der Nestlinge jeden Abend kostet, gerne. Nicht nur weil wir es genießen mit ihnen zu kuscheln und auf diese Weise unser Band zu ihnen festigen, sondern auch weil wir so sicher sein können, dass sie ruhig, friedlich und ohne Sorgen schlafen. Hier kommt nie einer zigmal aus dem Zimmer gelaufen, weil er noch Durst hat, Pipi muss oder Monster unter dem Bett sieht. Denn wenn wir ihr Bett verlassen, schlafen sie tief und zufrieden.
Ich kann nicht einschlafen!
Dennoch bekommen wir den Satz „Ich kann nicht einschlafen!“ öfter von unserem Mädchen zu hören. Nur an sehr wenigen Abenden ist das wirklich der Fall. Kann sie tatsächlich nicht einschlafen, lautet die Regel, dass sie sich leise in ihrem Zimmer beschäftigen darf (Bücher anschauen, Hörbuch hören oder malen), während wir arbeiten. So können wir unseren Aufgaben nachgehen und sie ruft uns, wenn sie bereit ist und schläft dann wie immer nach wenigen Minuten ein. Das ist für beide Seiten wesentlich angenehmer, als neben dem hibbeligen Kind stundenlang zu hoffen, dass es bald zur Ruhe kommt.
Einschlafhilfe
Meistens protestiert sie jedoch „Ich kann nicht einschlafen!“, obwohl wir ihr eindeutig anmerken, dass sie hundemüde ist. Das sind die Momente, in denen wir in unsere Einschlaf-Trickkiste greifen.
Ausgedachte Einschlafgeschichten
Thomas ist beeindruckend ideenreich und denkt sich gerne komplexe Geschichten aus über Feen, geheimnisvolle Königreiche und alle möglichen Phantasiefiguren. Oft baut er auch die realen Geschehnisse des Tages geschickt mit ein. Er erzählt die Einschlafgeschichten mit sanfter, monotoner Stimme, so dass das Mädchen ihren Kampf gegen das Einschlafen für gewöhnlich schnell aufgibt.
Einschlafmeditation
Da es mir schwerfällt, ständig neue Handlungen zu erfinden, aber Thomas‘ ruhige Erzählungen super fand, wandelte ich eines Tages die Entspannungsmeditation um, die ich aus meinen Yogakursen kenne: „Tief einatmen, ausatmen, die Beine, die Arme werden schwer, der ganze Körper ist entspannt….“
Hält innere Unruhe unser Mädchen vom Einschlafen ab, bitte ich sie, sich bequem auf den Rücken zu legen, Arme und Beine auszustrecken und einmal tief ein- und auszuatmen. Dann lege ich mich ganz nah zu ihr und beginne leise mit „Stell Dir vor!“
„Stell Dir vor, dass Du auf einer großen Blumenwiese liegst. Es ist ein wunderbarer Sommertag und die Sonne scheint hell und warm auf Dich herab. Du hörst die Vögel zwitschern, Du spürst den weichen, warmen Boden unter Dir, Du riechst den süßen Duft der wunderschönen Blumen…“
Diesen Teil schmücke ich gerne mit Details aus, die sie in eine angenehme Stimmung versetzen. Dann beginnt der eigentliche Entspannungspart.
„Du liegst entspannt und ruhig auf der warmen Wiese. Plötzlich siehst Du eine Katze. Sie hat weiches, dunkelgraues Fell und große Kulleraugen. Auf ihren samtweichen Tatzen schleicht sie zu Dir hin.“
Je nach Tagesstimmung tausche ich die Tiere aus. Mal ist es ein großer bunter Schmetterling, mal ein kleines Vögelchen, mal ein Hundewelpe, der ihr auf der Wiese begegnet. So bringe ich zumindest etwas Abwechslung in die Einschlafmeditation.
„Die Katze schnuppert vorsichtig an dir, bevor sie sich langsam auf deinen Fuß setzt. Sie rollt sich dort gemütlich zusammen. Du spürst ihr warmes, kuscheliges Fell und wie ihr Gewicht deinen Fuß fest in den Boden drückt. Dein Fuß wird warm und schwer. Dann schleicht sich die Katze auf deinen anderen Fuß. Du spürst auch hier ihre wohlige Wärme und ihr angenehmes Fell und wie dein Fuß schwer in den weichen Untergrund sinkt. Beide Füße sind entspannt, warm und schwer.“
Auf diese Weise schleicht sich die Katze allmählich von einem Bein zum anderen, zur Hüfte hinauf und zum Bauch, sie setzt sich auf den Brustkorb und legt schließlich ihre Pfoten auf den Kopf.
Ich spreche bewusst sehr ruhig und langsam zu ihr und meist ist sie schon eingeschlafen, noch ehe ich bei der Bauchregion angelangt bin. Nur sehr selten (bislang zweimal) benötigte sie den kompletten Text, bis sie eingeschlummert war. Sie hat es jedoch noch nie geschafft, bei der Einschlafmeditation wach zu bleiben 🙂
Von Meditations CD’s halte ich übrigens nicht so viel, weil sich Inhalt, Tempo und Lautstärke nicht individuell auf das Kind abstimmen lassen. Ich werde beispielsweise im Laufe meines Textes immer ruhiger und leiser. Außerdem beeinflusst mein regelmäßiger und tiefer Atem (meine Anwesenheit), den Müdigkeitszustand des Mädchens.
Schlussgedanke
Die Einschlafbegleitung der Nestlinge hat sich bei uns über die Jahre zu einem Familien-Kuschel-Ritual entwickelt, das Thomas und ich intensiv pflegen und genießen.
Da wir beide auch in den Abendstunden arbeiten, achten wir darauf, dass sie tagsüber nicht zu viel schlafen, damit sie abends (zwischen halb acht und acht) wirklich müde sind. Ansonsten dauert das Einschlafritual so lange, dass wir vor den Kindern eindösen und zu nix mehr kommen.
Sind sie müde, schlafen sie eng an uns geschmiegt ein. Entweder von alleine oder wir helfen mit einer Geschichte oder einer Einschlafmeditation nach. Das ist ein wahrlich wunderbarer Moment, jeden Abend aufs Neue.
Eine selbst gesprochene Einschlafmeditation kann ich Euch wärmstens empfehlen, wenn Eure Kinder fix und alle, aber trotzdem super zappelig und unruhig sind. Falls Ihr es probiert, lasst mich doch bitte wissen, ob es bei Euch auch so unkompliziert funktioniert.
Außerdem möchte ich jedes Elternteil, welchem eingeredet wird, dass Einschlafbegleitung schlecht sei, der Entwicklung des Kindes schade, es verwöhne oder abhängig mache, ermuntern, sein schlechtes Gewissen ab- und sich zu seinem Kind ins Bett zu legen, wenn diesem beim Einschlafen danach ist. Den Grund dafür hat Jane Depp-Kerrison sehr treffend formuliert:
„Die Zeit, in der ein Kind unsere Nähe will, ist sehr kurz. Es ist ein großes Geschenk, wenn es sich voller Vertrauen und Liebe an uns kuschelt. Ich wünsche allen Müttern, dass sie dieses Geschenk annehmen und genießen können!“Jane Depp-Kerrison