Seit meiner Entscheidung, eine Social-Media-Pause einzulegen, erreichen mich regelmäßig Nachrichten wie es uns hier in New York – im Corona Epizentrum – geht. Weil ich mich sehr darüber freue, dass so viele Menschen an uns denken, möchte ich heute gerne ausführlich darauf antworten.
Zurückgezogen habe ich mich übrigens, weil ich gemerkt habe wie emotional und sensibel das Thema Corona ab einem bestimmten Punkt geworden ist. Ähnlich wie beim Impfen oder Stillen hauen sich Menschen gerne ihre gegensätzlichen Ansichten im Netz an den Kopf und bestehen darauf Recht zu haben. Manchmal so sehr, dass sie wild um sich schlagen und alle, die nicht ihrer Meinung sind, kränken. Doch wer hat eigentlich Recht?
Corona ist schwierig, weil es ständig neue Informationen und – wie immer im Leben – sehr viele Wahrheiten und Realitäten gibt. Je nachdem von welcher Perspektive man es betrachtet. In welcher Corona-Situation man steckt.
Unsere eigene ist höchst privilegiert. Das ist ein anderer Grund, warum ich mich gerade lieber mit Texten zurückhalte. Wir bewohnen eine Fläche von über 150 qm auf zwei Etagen verteilt und unsere Nachbarn (drei junge Saisonarbeiter), sind mit Beginn der Schulsperre bis auf weiteres zu ihren Familien zurückgezogen. Wir können uns also im wahrsten Sinne des Wortes hier austoben. Auch draußen, weil trotz der alarmierenden Zahlen keine Ausgangssperre verhängt wurde. Thomas’ Job ist nicht gefährdet, auch nicht unsere Gesundheit – weil er ganz bequem vom Homeoffice aus weiterhin Geld verdienen kann und nicht wie medizinisches Personal oder Servicekräfte täglich mit etlichen Menschen im Kontakt steht.
Und doch steht auch unser Alltag Kopf.
Thomas arbeitet seit Wochen an einem umfangreichen Projekt, dessen Abgabetermin Mitte Mai ist. Auch die letzten Wochenenden durch. Das ist ein seltener Ausnahmezustand, der sich diesmal unglücklicherweise mit „Corona“ überschneidet. Für mich bedeutet das, mit der Kinderbetreuung (und allem was dazu gehört) im Alleingang zu sein. Eine intensive Phase, in der ich einiges dazu gelernt habe…
Learning Nr. 1: Annehmen was ist (Radikale Akzeptanz) oder mein Homeschooling Nervenzusammenbruch
Ich hab irgendwann im recht jungen Alter für mich entschieden, dass ich gegen all das, was sich nicht von mir kontrollieren lässt, ankämpfe. Und sei es nur mit schlechten Gedanken und Gefühlen. Eines meiner Lieblingsbücher – Radical Acceptance* von Tara Brach – hat mir diesen fauligen Zahn zum Glück schon vor langer Zeit gezogen.
Das wiederum hilft mir auch mit dem aktuellen Chaos besser umzugehen. Denn wir werden permanent mit Menschen und Situationen konfrontiert, die uns herausfordern. Mal mehr, mal weniger intensiv. Das einzige, was wir aktiv beeinflussen können, ist wie wir damit umgehen. Hier ein konkretes Beispiel…
Als unsere Homeschooling-Zeit am 16. März 2020 begann, war ich noch recht locker eingestellt. Das Mädchen, das in der Schule immer problemlos mitmacht und ihre Hausaufgaben stets freiwillig und zuverlässig von alleine bewältigt, fasste die Schulschließung als Beginn der Ferien auf. Sie hatte Null Bock auf irgendwas. Da ich zu dem Zeitpunkt noch sehr motiviert war, was Beschäftigungsangebote für die Nestlinge anbelangte, war ich völlig ok damit.
Wir probierten viel Neues aus und erkundeten täglich mit offenen Augen die Natur. Ich war sicher die Kinder lernen so auch genug und war der Ansicht, sie sollten in erster Linie spielen und Spaß haben. Doch je mehr Tage verstrichen, desto größer wurde mein schlechtes Gewissen.
Als ich in den nächsten zwei Wochen immer wieder in das Online-Aufgabenfach schaute, um zumindest ein paar Übungen mit dem Mädchen zu machen, merkte ich, dass wir zunehmend hinterherhängen. Das tägliche Pensum war zudem so groß, dass ich es unmöglich zusammen mit ihr und dem Bub an meiner Seite schaffen konnte. Sie brauchte (laut ihrer Aussage) meine Hilfe – der Bub nach spätestens 20 Minuten meine Aufmerksamkeit. Außerdem hatte das Mädchen nach wie vor keine Lust und empfand das Ganze eher als Bestrafung meinerseits.
Annehmen lernen mit der RAIN Methode
Früher wäre ich wahrscheinlich aus dem Motzen (dem Kämpfen gegen das, was ist) nicht mehr rausgekommen. Ich hätte vermutlich auf den Virus geschimpft, die Lehrer oder vermutlich sogar auf die Kinder.
Doch durch Tara Brach habe ich gelernt, anzunehmen was ist. Dabei geht es nicht darum zu allem Ja und Hurra zu sagen. Negative Emotionen wegzudrücken oder zu ignorieren. Ganz im Gegenteil. Tara’s RAIN – Methode* zielt darauf ab, genau hinzuschauen und hinzufühlen, um an den Kern – die wahre Ursache unseres Schmerzes – zu gelangen.
RAIN steht für…
R =Recognize
Erkenne, was in dir vorgeht – den Kreislauf von Gedanken voller Ängste/ Sorgen… und schlechtem Gewissen
Was das Homeschooling anbelangte, steckte ich fest in einer Mischung aus Angst – Was, wenn wir die Aufgaben nicht schaffen, muss sie dann das Schuljahr wiederholen? – und schlechtem Gewissen – Hätte ich von Beginn an strenger sein sollen? Warum schaffe ich das nicht? Bin ich eigentlich die einzige, die nicht klar kommt? Und so weiter und so weiter…
A = Allow
Erlaube dir all deine Gedanken und Gefühle – in dem du dich mit deinem Atem verbindest und genau hin spürst. Hör auf zu kämpfen, lasse zu, was gerade in dir los ist. Ohne es zu beurteilen oder sofort verändern zu wollen. Ohne dich mit anderen zu vergleichen.
Ich schrieb der Lehrerin mitten in meinem „Homeschooling Nervenzusammenbruch“ einen sehr ehrlichen Brief, in dem ich meine Überforderung – all meine Sorgen und Bedenken – offen zugab. (Man kann das übrigens auch einfach für sich selbst – zum Beispiel in ein Tagebuch – schreiben oder sein Herz bei einem vertrauten Menschen ausschütten).
I = Investigate
Erforsche deine negativen Gefühle mit Neugier! Wo kannst du sie in deinem Körper fühlen und wie? Wo bist du angespannt? Hast du vielleicht sogar Schmerzen? Dann beginne hineinzuspüren. Was will dir dein Körper damit mitteilen? Was braucht er, damit es besser wird? Unser Körper ist sehr klug, es ist ratsam auf ihn zu hören!
Als ich von der Lehrerin eine unfassbar liebe und beruhigende Antwort zurück erhielt – dass ich nicht so streng mit mir sein soll und emotionale Gesundheit jetzt wichtiger sei, als alles andere – schossen die Tränen zunächst senkrecht aus mir heraus. Thomas und das Mädchen waren höchst verwundert. Das wiederum brachte mich zum lachen… Aber im Ernst, als ich genau in mich hinein horchte, wurde mir schnell klar, was sich da meldete. Einer meiner ältesten Glaubenssätze: „Ich bin nicht gut!/ Ich bin nicht genug.“ Und damit verbunden Versagensängste (die Befürchtung keine gute Mutter zu sein) und körperliche Symptome wie Druck auf dem Herzen und Verspannungen im Nacken.
N = Nurture
Sich liebevoll um sich selbst kümmern.
Thomas und das Mädchen nahmen mich sofort in den Arm. Ich mich selbst aber auch. Diese Corona-Zeit und die damit verbundenen Umstellungen sind für alle Betroffenen schwierig. Egal wie optimal die Rahmenbedingungen auch sein mögen. Und ich gebe jeden verdammten Tag mein bestes, eine gute Mutter für meine Kinder zu sein. Es ist wirklich nicht nötig, mich runterzumachen, nur weil ich nicht all meine Verantwortungsbereiche stets perfekt im Griff habe.
Unser Homeschooling Durchbruch
Thomas ist bekannt für gute Lösungen und er war auch derjenige, der DIE Idee für unser „Homeschooling-Dilemma“ brachte. Zum Einen fragte er mich, warum ich das Mädchen ihre Aufgaben denn nicht alleine machen lasse. Warum ich sie die ganze Zeit dabei begleiten müsse. Wahrscheinlich hatte ich nur „richtige“ Schule im Kopf und die Option, dass sie sich selbstständig dran setzt, somit komplett für mich gestrichen.
Zum Mädchen – die den Traum von einer eigenen Pferdefarm hegt – sagte er. Wenn du eine Pferdefarm besitzen möchtest, brauchst Du Mathe, um Rechnungen zu schreiben. Lesen und schreiben hilft dir bei der Kommunikation mit deinen Kunden. Schule ist wichtig für dich, denn sie kann dir dabei helfen, deinem Ziel näher zu kommen. Sie dachte für mindestens fünf Minuten SEHR intensiv nach. Ihr Kopf hat so unfassbar heftig gearbeitet in dem Moment – ihr hättet ihr hochkonzentriertes Gesicht sehen sollen. And that was it! Sie hatte eine Motivation – einen Sinn für das Ganze!
Und so druckte ich ihr jeden Morgen ihre Materialien aus. Mittlerweile läuft fast alles über verschiedene Online-Programme. Sie arbeitet sich eigenverantwortlich durch Bruchrechnung, Schreibübungen und sehr viel Lesestoff. Für letzteres haben wir eine echt schöne E-book App (EPIC), die ich auch fürs Vorlesen beim Abendritual nutze.
Als sie am ersten Tag den ganzen Stoff in nicht mal zwei Stunden und nahezu ohne meine Hilfe bewältigt hatte, staunten wir beide. Und wir waren gleichermaßen mit Stolz erfüllt. Und ja, es gibt Tage, an denen sie trotzdem mal keine Lust hat. Das ist völlig in Ordnung. Doch mit einer kurzen Erinnerung an die Pferde, setzt sie sich zumindest ohne große Proteste an ihre Arbeit.
Learning Nr. 2: Meine Laune bestimmt wie unser Tag verläuft
Es ist kein Geheimnis, dass ich und meine Laune einen starken Einfluss auf meine Mitmenschen haben. Stichwort Spiegelneuronen. Wenn ich jeden Morgen grummelig aufstehe, weil wir eingesperrt sind, niemanden sehen können und ich eigentlich viel lieber arbeiten, als jeden Tag 24 Stunden mit meinen Kindern verbringen will, reflektieren Mann und Kinder das höchstwahrscheinlich auf eine Art, die mich noch grummeliger werden lässt.
Auch hier noch mal der Hinweis, dass es keine gute Idee ist, jeden Tag künstlich gute Laune zu erzeugen, während es innerlich blubbert. Was in uns gärt, will unter die Lupe genommen, gefühlt und bearbeitet werden. Am besten an der Wurzel. Doch wochenlang zu jammern, bringt niemanden weiter. Das ist höchstens der Beginn einer unangenehmen Abwärtsspirale…
Ich habe mich ja hier in Amerika intensiv mit Persönlichkeitsentwicklung beschäftigt, und gemerkt, dass sich die zufriedenen Menschen da draußen offensichtlich gut um ihre körperliche UND mentale Gesundheit kümmern. Einen Weg für sich finden, zentriert, ruhig und klar zu bleiben, auch wenn es im Außen tobt. Das fand ich höchst inspirierend.
Insbesondere in kräftezehrenden Zeiten auf mich achten
Jedenfalls hab ich mir von meinen Vorbildern einige Routinen abgeschaut, die mir nicht nur helfen, positiv in den Tag zu starten. Sie sind meine Grundpfeiler, um auch bei Stürmen weitestgehend in Balance zu bleiben. Zentriert. Bei mir.
Da sind keine weltbewegenden Neuheiten dabei – alles ist lächerlich simpel, doch all die kleinen Schritte zusammen, haben eine riesige Auswirkung auf uns alle.
Meine Top 6 der Selbstfürsorge
1. Ausreichend Schlaf
Klingt offensichtlich und nahezu langweilig, aber das ist der simpelste und zugleich effektivste „Lifehack“ für bessere Laune, Gehirnleistung und Wohlbefinden! Jeder kennt das geräderte Gefühl nach einer zu kurzen Nacht. Die Konzentrationsstörungen und die Reizbarkeit aufgrund von Schlafmangel. Seitdem ich schlafen gehe, wenn ich müde bin (statt noch stundenlang zu „recherchieren“, sprich mir Blödsinn auf meinem Handy reinzupfeifen), fühle ich mich morgens ausgeruht, ausgeglichen und fit für den Tag.
An alle Mamis von sehr kleinen Nestlingen:
Es wird besser! Meine Racker haben mich jahrelang regelmäßig nachts gerufen und gebraucht (siehe hier und hier), aber mittlerweile schlafen beide bombenfest! Also habt noch ein bisschen Geduld! Davon abgesehen, hilft Co-Sleeping die Schlafzyklen von Mutter und Kind zu synchronisieren (siehe hier), also huschelt euch mit gutem Gewissen aneinander!2. Morgenroutine
Seit über einem Jahr stehe ich vor den Kindern auf – sogar am Wochenende, damit ich meiner Morgenroutine nachgehen kann. Ich wache ohne Wecker auf – meist zwischen 5 und 5.30 Uhr. Freiwillig, weil es mir so gut tut. Und ich habe so 1-2 Stunden in Ruhe für mich. Wie ich diese nutze?
- Ich trinke mind. 2 Gläser Wasser und eine große Tasse Tee
(Kaffee habe ich seit März 2019 gestrichen und interessanterweise habe ich seitdem keine Müdigkeitseinknicke mehr!) - Ich bewege mich (Yoga, Seilspringen oder ne kleine Runde laufen)
- Ich meditiere für 15-30 Minuten (Atemübungen oder geführte Meditation)
- Intension setzen
(z.B. liebevoll und sanft zu bleiben – den besten Tag meines Lebens zu haben. Oder meinen Fokus bewusst auf Lösungen und Möglichkeiten zu lenken.) - Ich führe Dankbarkeitstagebuch (manchmal auch erst am Abend)
- Wenn die Kids richtig lang schlafen, schreibe ich noch an meinem Buch oder an Artikeln wie diesen hier ☺
An alle Eulen:
Ich habe Glück von Natur aus eine Lerche zu sein. Damit zähle ich zu Unrecht zu den Menschen, die in unserer Gesellschaft als Vorbilder angesehen werden. Niemand kann was für seinen natürlichen Bio- Rhythmus und wichtiger, als sich an anderen zu orientieren, ist zu schauen, was sich für dich am stimmigsten anfühlt.Wenn du eine Eule bist und trotzdem an einer täglichen Routine interessiert bist, dann suche dir entweder ein Zeitfenster, das sich für dich am stimmigsten anfühlt. Beispielsweise vor dem Schlafengehen. Oder wähle eine kürzere Morgenroutine. denn schon 10-15 Minuten fokussiertes Ausrichten bewirken eine deutliche Veränderung!
3. Bewegung! Täglich! Am besten im Wald!
Ich bin mir bewusst, dass das Alter meiner Nestlinge (5 & 8 J.) mir wesentlich mehr Freiräume eröffnet, als Müttern von Babys und dafür bin ich extra dankbar. Doch auch hier war es für mich nötig, mein schlechtes Gewissen beiseite zu schieben und mir bewusst etwas Gutes zu tun (siehe auch Sage Ja zu dir und Nein zu allem, was dich von dir entfernt).
Ich laufe gerne jeden Tag mindestens 10000 Schritte. Auch jetzt in der Corona-Zeit. Einen Teil davon schaffe ich mit den Kids, doch sie wollen meist lieber Radfahren. Den Rest bewältige ich am späten Nachmittag und parke die beiden dafür ne Stunde vor dem Fernseher. Ich mache zudem 2x in der Woche Yoga – via Zoom mit den Trainern meines liebsten Yogastudios hier im Ort. In dieser Zeit dürfen die Kids auf dem iPad spielen. Nicht die ideale Lösung, aber eine Möglichkeit für die ich wie gesagt sehr dankbar bin!
4. Was Feines auf die Ohren!
Wer mich kennt, weiß, dass ich so gut wie nie fernsehe, dafür Bücher – insbesondere Hörbücher und auch Podcasts – liebe. Warum? Weil sie mich inspirieren. Meine Stimmung heben. Mich besser fühlen lassen. Und mich immer wieder motivieren, Neues zu probieren.
Für den deutschsprachigen Raum kann ich dringend die Podcasts von Laura Malina Seiler, Veit Lindau und Eva-Maria & Wolfram Zurhorst empfehlen. The Mindvalley Podcast mit Vishen Lakhiani ist mein englischsprachiger Favorit.
Meine aktuellen Buchempfehlungen sind Die Psychologie sexueller Leidenschaft* von David Schnarch (für alle Paare, die wieder echte, aufrichtige Nähe erfahren wollen). Mögest du glücklich sein* von Laura Malina Seiler. Das Café am Rande der Welt* von John Strelecky. Gespräche mit Gott* von Donald Walsh. A course in miracles made easy* von Alan Cohen.
Ich freue mich riesig, wenn ihr eure Lieblingsbücher und –Podcasts in die Kommentare hineinschreibt. Für mich und meine Leser/-innen!
5. Lachen
In dem Buch The Secret* berichtet eine Frau, wie sie innerhalb von drei Monaten ihren Brustkrebs im Spätstadium heilte, indem sie sich jeden Tag lustige Filme angeschaut hat. Es ist mittlerweile belegt, dass Lachen gesund und glücklich macht. Die Nestlinge können herrlich ansteckend sein, wenn sie sich über ihre eigenen Witze kaputt lachen. Wir schauen jedoch tatsächlich auch fast täglich lustige Tiervideos. Ganz einfach weil sich Lachen herrlich anfühlt.
6. Pflanzenbasiertes Futter für meinen Bauch
Bei Instagram hatte ich schon mal angedeutet, dass ich dabei bin einen veganen Weg einzuschlagen. Seit Dezember haben wir Fisch und Fleisch komplett von unseren Tellern verbannt. Erfolgreich und ohne Gelüste. Käse und Eier kommen noch in einigen Rezepten vor. Vor allem der Kinder zuliebe, die ich nicht zwingen möchte, meinem Beispiel zu folgen. Sie haben tapfer viele meiner neuen, veganen Kreationen probiert, aber waren bisher nur mäßig begeistert.
Mittlerweile habe ich wirklich leckere Lieblingsrezepte für Thomas und mich gefunden. Auch viele hilfreiche Kanäle und Bücher, zum Beispiel von Vegan ist Ungesund und Niko Rittenau.
Hier eine kleine Auswahl meiner neuen Lieblinge…
Nudelsalat mit veganer Mayonaise
Einfach Lieblingsnudeln mit Lieblingsgemüse und Lieblingsgewürzen + veganer Mayo mischen. Fertig.
Couscous mit Gemüse und Erdnusssoße
Gemüsereis mit Cashewkernen
Reis kochen. Lieblingsgemüse anbraten. Und anschließend Sesamöl und Sojasauce nach Geschmack dazu geben.
Rotkraut-Mango-Tofu-Bowl (Rezept)
Vegane Thai-Curry-Glasnudelsuppe (Rezept)
Gemüsepfanne mit Seitan
Ofengemüse mit Guacomole oder Avocadocreme
Learning Nr. 3: Es geht auch ohne…
Unsere Nestlinge waren schon immer lieber zu Hause bei mir, als in der Schule, was die aktuelle Lage natürlich erleichtert. Zu Beginn der Schulsperre war ich noch hochmotiviert und wir haben eine lange Liste mit all den Dingen aufgeschrieben, die wir alle machen können. Jeden Tag stand etwas Neues auf dem Plan.
Wir haben Pyrography (Holzbrennen) ausprobiert.
Müllsammeln als unser neues Hobby entdeckt.
Ich hab einen simplen Wassertisch zusammengesteckt.
Ein Maisbad bereitgestellt.
Kreide.
Wir haben gebacken.
Gekocht.
Und gesportelt.
Trotzdem habe ich damit gerechnet, dass sie sich ab einem bestimmten Punkt darüber beschweren werden, dass wir nicht mehr ihre Lieblingsorte wie den Trampolinpark, den Eislaufring oder die Kletterhalle besuchen können. Doch dann passierte genau das Gegenteil. Sie haben für sich einen sehr simplen Tagesablauf – eine feste Struktur – kreiert, in dem Spielen in ihren Zimmern und Radfahren höchste Priorität einnehmen. Sie haben sich nicht ein einziges Mal über die aktuelle Situation beschwert. Und ich dachte erstaunt: Wow, es geht auch ohne…
Damit meine ich nicht nur all die Einrichtungen und Kurse, die wir lieben gelernt haben, sondern auch die Angebote, die ich ständig machte. Denn seitdem ich Mutter bin, verfolgt mich dieser schräge, innere Druck, mich in irgendeiner Form mit den Kindern beschäftigen – ihnen etwas bieten – zu müssen. Die eigentlich recht langweilige Corono-Zeit hilft mir paradoxerweise dabei, mich genau in dieses Thema hineinzuentspannen. Einfach mit ihnen zu sein, ohne zu leiten und zu lenken.
Als ich dem Flow der Nestlinge folgte und aufhörte, ständig Vorschläge zu machen, war auch das völlig in Ordnung für sie. Sie begannen selbst kreativ zu werden. Banden sich neulich zum Beispiel die Beine mit einer Mullbinde zusammen für ein dreibeiniges Rennen gegen sich selbst und haben sich für ne halbe Stunde lang scheckig gelacht. Sie lieben auch ihre täglichen „Experimente“ für die sie sich alles Mögliche drin und draußen zusammensuchen, mischen und beobachten.
Und so passiert hier nicht viel Aufregendes. Wir haben nicht mehr das ganze Unterhaltungsprogramm zur Verfügung, an das wir uns so sehr gewöhnt hatten. Ich bespaße nicht mehr am laufenden Band. Doch es klappt erstaunlich gut ohne. Gefühlt sogar viel entspannter als vorher.
Learning Nr. 4: Die Persönlichkeitsarbeit der letzten Jahre zeigt Früchte
Ich lese davon, dass die Gewaltzahlen in den Familien, während der Coronakrise steigen, dass sich auch die Erwachsenen oft und stark anschreien. Dass überall die Nerven blank liegen.
Ich kann all das sehr gut nachfühlen. Noch vor wenigen Jahren bin auch ich regelmäßig explodiert (siehe Aggressives Verhalten beim Kind: Eine Selbstreflexion). Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie sich eine Corona-Welle kurz nach der Geburt des Mädchens auf unsere Ehe ausgewirkt hätte. Wir stritten damals oft bis die Wände wackelten, weil wir keinen Schimmer hatten, wie man eine gute Beziehung lebt. In Frieden miteinander.
Jetzt – neun Jahre später – sieht das ganz anders aus. Weil ich damals die Nase voll davon hatte, mich immer im Kreise zu drehen. In dieser Verstrickung aus unausgesprochenen Erwartungen, Vorwürfen und Streit festzustecken. Ich wollte da raus!
Und genau an diesem Ziel halte ich seit der Geburt des Mädchens unermüdlich fest (siehe auch Ich will nicht werden wie er – Ich will gewaltfrei erziehen). Indem ich mich beobachte und andere Menschen – vor allem, die mit denen ich Reibungspunkte hatte und auch immer noch habe. Irgendwann ging mir das Licht auf, dass sich meine Welt und meine Beziehungen nur dann zum Positiven ändern, wenn ich MICH ändere, bzw. meine Sicht auf die Welt. Wenn ich nicht ständig vor meinen tiefsten Ängsten davon laufe, sondern mich ihnen stelle. Auch wenn es zunächst weh tut.
Obwohl ich zwischendurch immer wieder verzweifelt aufgeben wollte, weil manche meiner Muster so hartnäckig an mir festzukleben schienen, blieb ich am Ball. Den Menschen, die ich liebe zuliebe. Doch ich las nicht nur gefühlt 1000 Bücher, sondern ich pickte mir die besten Tools raus und übte.
Ich übte, fiel auf die Nase, stand wieder auf und übte weiter (siehe auch hier und hier). Und jetzt während der Coroana-Zeit, die wir tatsächlich nahezu friedlich miteinander verbringen, wird mir zum ersten Mal so richtig bewusst, dass ich aus vielen meiner alten Muster rausgewachsen bin. Das ist erstaunlich, erfüllend und motivierend zugleich!
Und jetzt versteht mich nicht falsch, Thomas und ich, wir haben Meinungsverschiedenheiten und wir diskutieren auch gerne. Eines der größten Missverständnisse in der Liebe ist wahrscheinlich, dass man sich immer einig sein müsste. Dem würde ich gerne widersprechen. Aber wir sind klar und respektvoll miteinander. Es knallen keine Türen mehr und es fliegen auch keine hässlichen Worte durch den Raum. Wir haben gelernt unsere Standpunkte ruhig und respektvoll zu teilen, weil wir immer auch uns selbst treffen, wenn wir gegen andere schießen. Und wir haben vor allem gelernt, den anderen so anzunehmen wie er ist!
All das hat Einfluss auf die Beziehung zu unseren Kindern. Denn Kinder sind völlig in Ordnung so wie sie zu uns kommen. Auch hier durfte ich meine Ansichten zu bestimmten Themen überdenken. Meine Art zu kommunizieren. Menschen zu lenken und zu kontrollieren. Es gab wirklich sehr viel, was ich loslassen durfte! Und was ich weiterhin loslassen darf. Denn diese tiefen Veränderungen sind ein lebenslanger Prozess.
Meinen Fortschritt spiegeln unsere Nestlinge jetzt jedenfalls ziemlich deutlich. Sie sind sich näher denn je. Baben sich verbündet. Ärgern und streiten sich natürlich so wie Geschwister das eben manchmal tun (siehe hier). Aber dann höre ich das Mädchen zum Bub sagen: „Ich liebe dich auch, wenn ich mal mit dir meckere!“ Oder zu mir: „Ich will zwei Kinder, wenn ich mal Groß bin. Denn wenn dann wieder Corona kommt, haben sie jemanden zum Spielen!“ Und dann fühle ich, dass ich neben all meinen Fehlern als Mutter doch auch ziemlich viel richtig gemacht habe.
Learning Nr. 5: Es ist ok nicht zu wissen, was auf mich zukommt
Das einzige, was mich an der aktuellen Situation wirklich kirre macht, sind meine Gedanken, wenn ich sie in die Zukunft reisen lasse. Was, wenn das noch viele Monate so weitergeht? Oder bis nächstes Jahr? Hat das vielleicht doch Auswirkungen auf unsere Psyche und unseren Gemütszustand? Wird den Nestlingen der Schulbeginn schwer fallen? Und so weiter und so weiter…
Die einzig sichere Antwort ist: „Ich weiß es nicht! Wir werden sehen!“ Dementsprechend versuche ich mich mehr denn je darin zu üben, diese „Corona-Reise“ in kleinen Häppchen – Tag für Tag – anzugehen. Unserer guten Basis zu vertrauen und dass wir alles, was auf uns zukommt meistern können. Die Hoffnung zu behalten, dass auf Regen immer Sonnenschein folgt. Ganz einfach damit ich nicht kirre werde!
Eure Kathrin