Spielecke im Wohnzimmer nach Montessori

Kathrin Do it yourself 22 Kommentare

Im ersten Lebensjahr reichte unserem Mädchen (2,5 Jahre) eine große Matratze zum Rollen, Krabbeln und Toben, doch mit zunehmendem Alter gewann eine richtige Spielecke an Bedeutung. Da unsere Wohnung kein separates Kinderzimmer bietet und sie sich sowieso am liebsten in unserer Nähe aufhält, gestaltete ich ihr in den letzten Wochen einen eigenen, kleinen Bereich in unserem Wohnzimmer – für kleines Geld und orientiert an den kindgerechten Montessori-Gedanken.

Vorher

Als unser Mädchen ca. 1,5 Jahre alt war, stellten wir einen von Opa geschreinerten Tisch und zwei DDR-Kinderstühlchen (gefunden bei Ebay-Kleinanzeigen) auf – zum Spielen, Malen und Basteln. Diese Mini-Sitzecke platzierten wir zwar direkt unter einem großen, hellen Dachfenster, aber sie wirkte dennoch trostlos. Außerdem war sie unpraktisch, weil ich ihr Spielzeug aus Platzgründen am anderen Ende des Raumes verstauen musste.

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Die erste Mini-Sitzecke.

Mit dem Ende des Sommers und der bevorstehenden „Nass- und Kaltsaison“ verspürte ich den starken Drang, ihr eine vernünftige Spielecke einzurichten: Ein einladender Platz zum Spielen, an dem all ihre Sachen übersichtlich geordnet und leicht zugänglich aufbewahrt sind.

Da wir noch in unserer ehemaligen Studentenbude mit wild zusammengewürfelten Möbelstücken leben, bestand die große Herausforderung darin, eine gemütliche Spielfläche harmonisch in ein ebenso gemütliches Wohnzimmer zu integrieren.

Spontane Umräumaktion

An einem Samstag im September krempelten Thomas und ich spontan, aber wildentschlossen die Ärmel hoch und schoben unsere teils sehr schweren Möbel hin und her. Durch schlichtes Verstellen einiger Einrichtungsstücke und Hinauswerfen anderer gelang es uns nicht nur den Raum größer wirken zu lassen, sondern auch eine geräumige Spielfläche für unser Mädchen zu schaffen.

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Die neue Spielfläche mitten im Wohnzimmer.

Kindgerecht einrichten, aber wie?

Ich selbst bin ein absoluter Chaot und schaffe es die Wohnung, binnen weniger Minuten (z.B. beim Kochen) zu verwüsten. Das hat insofern etwas mit der neuen Spielecke zu tun, als dass ich mir nicht im Klaren war, wie ich unserem Mädchen je ein Gefühl für Ordnung vermitteln soll.

Zum Glück begegnete ich den Eltern vom Mars und wurde durch Annas Blog auf Maria Montessori und ihre Erziehungsansätze  aufmerksam, die mich nicht nur im Erziehungsalltag sondern auch beim Einrichten der neuen Spielecke inspirierten. „Das Montessori Motto lässt sich vereinfacht mit dem Leitspruch „Hilf mir, es selbst zu tun“ zusammenfassen“ (siehe auch „Begriff Montessori“). Das lässt sich laut Montessori am besten in einer Umgebung umsetzen, in der sich das Kind zurechtfindet (siehe auch „vorbereitete Umgebung“):

1. Zunächst haben alle Sachen ihren festen Platz. Das ist quasi die ultimative Regel für Ordnung. Ideal geeignet für Kinder ist ein offenes Regal, in dem alles übersichtlich und gut sichtbar angeordnet wird. Kleine Sachen, wie Stifte oder Bastelzeug am besten in Boxen oder Kartons verstauen (bei geschlossenen Kisten unbedingt ein Foto vom Inhalt darauf kleben) und ebenfalls ins Regal stellen.

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In diesem Expedit Regal von Ikea befinden sich die Bastelsachen unseres Mädchens. Geschlossenen Kisten (wie links unten) versehe ich mit einem Foto des Inhalts. So findet sie auf Anhieb ihre Stifte, das Malzeug, die Knete und weiteres Zubehör (Schere, Lineal, Klebeband usw.).

2. Bei der Regalhöhe darauf achten, dass alle Fächer (auch das oberste Brett) gut vom Kind erreichbar sind, damit es sein Spielzeug selbstständig herausnehmen und nach dem Spiel wieder hineinstellen kann. Montessori-Erziehung sieht vor, erst ein Spiel wegzuräumen, bevor das nächste ausgepackt wird. So kann Chaos erst gar nicht entstehen.

3. Weniger ist mehr. Bei vollgestopften Spielzeugregalen/ -kisten verliert ein Kind den Überblick. Dinge, die verdeckt sind, geraten schnell in Vergessenheit. Also besser die Auswahl begrenzen, dann lässt sich vorhandenes Spielzeug mit einem Blick erfassen und leichter/ übersichtlicher anordnen.

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In den untersten beiden Fächer unserer Bücherregale befinden sich die Bücher unseres Mädchens (links) und ein Teil ihrer Spielsachen (rechts). Musikinstrumente, Bälle und Autos besetzen je eine Kiste. Im untersten Fach rechts sortiere ich ihre Spiele (Memory, Puzzle usw.) ein.

Wer sehr viel Spielzeug besitzt und alles behalten möchte, kann einen Teil der Sachen für gewisse Zeit aussortieren (in einer Abstellkammer o.ä. aufbewahren) und nach ein paar Wochen gegen das aktuelle Spielzeug einzutauschen. Das reduziert die Auswahl und sorgt gleichzeitig für Abwechslung.

4. Der Spielbereich sollte genügend Raum und Möglichkeiten für Bewegung bieten, v.a. für die Tage, an denen Kinder viele Stunden in der Wohnung verbringen. Sie möchten laufen, springen und toben, können sie diesem natürlichen Bedürfnis nicht nachkommen, reagieren sie unausgeglichen, unruhig oder sogar aggressiv. Der kindliche Bewegungsdrang lässt sich mit wenigen Utensilien – auch in geschlossenen Räumen – unterstützen.

Unser Mädchen liebt es beispielsweise in ihrem (an einem Balken befestigten) Tragetuch zu schaukeln oder einen Parcours zu klettern und am Ende von ihrer Spielzeugkiste auf eine Matratze zu springen. Dafür haben wir auf der anderen Seite des Wohnzimmers eine separate und universell nutzbare Tobe-, Lese- und Kuschelecke:

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Die heißgeliebte Tragetuchschaukel im linken Bild und rechts der Parcours. Für diesen stelle ich Tisch, Stühlchen, Spielzeugkiste und andere Möbel aneinander, auf denen sie balancieren und klettern darf. „Fange spielen“ gehört ebenfalls zu den Favoriten unseres Mädchens: Wir jagen sie dann vom Wohnzimmer zum Matratzenlager im Schlafzimmer und zurück, wobei sie sich nach jedem Sprint mit voller Wucht in die jeweilige Matratze schmeißt und durchkitzeln lässt 🙂

5. Eine Rückzugsmöglichkeit einrichten. Kinder brauchen nicht nur Action, sondern auch ab und zu eine Pause. Eine Matratze in einer kuscheligen Ecke/ im Kinderzimmer kann als Ruhezone dienen. Kinder ziehen sich gerne zurück, wenn sie sich ausruhen oder alleine sein wollen (z.B. bei negativen Gefühlsausbrüchen) – sofern es eine Möglichkeit dafür gibt.

Unser Mädchen kann zwischen der 2,80 Meter breiten Matratze im Schlafzimmer (siehe auch Problemzone Familienbett) und der Kuschelecke (Fotos oben) wählen. Zum Schlafen bevorzugt sie das Schlafzimmer. Im Wohnzimmer wird meist nur gelesen, gekuschelt und geturnt.

M. Montessori schlägt übrigens eine Matratze, statt eines Gitterbettchens im Kinderzimmer vor, damit Kinder selbstständig und mühelos zu Bett gehen bzw. wieder aufstehen können.
Ein Baby auf dem Boden betten? Wer sich mit dem Gedanken nicht anfreunden kann und handwerklich begabt ist, findet in diesem selbstgebauten Bodenbett (auch Floor Bed genannt) vielleicht einen Kompromiss.

Lattenrost  Mommo

6. Ein Spiegel auf Blickhöhe des Kindes ist ein wichtiges Element bei der Montessori-Pädagogik, weil Kinder es einerseits lieben, sich ausführlich und lange im Spiegel zu betrachten. Andererseits lernen sie dadurch sich selbst zu entdecken und (Emotionen) zu verstehen.

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Da wir einen riesigen und von unserer Tochter oft genutzten Spiegel an den Schlafzimmerschranktüren haben, verzichtete ich, auch aus Platzgründen, auf einen weiteren im Spielbereich.

7. Eine ruhige Atmosphäre ermöglicht dem Kind, ungestört und konzentriert zu spielen/ zu arbeiten. Laute Hintergrundgeräusche und Trubel wirken bei Beschäftigungen, die Konzentration erfordern, ablenkend.

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Unser Mädchen vertieft in ein Linsen-Sortier-Spiel.

8. Die Umgebung der Kinder sollte aber nicht nur praktisch, sondern auch optisch ansprechend gestaltet werden, damit sie sich rundum wohlfühlen.
Das führt mich direkt zum nächsten Kapitel:

Gestaltung

Teppich, Tisch & Stühle

Zunächst organisierte ich einen farbenfrohen Blumenteppich (gefunden bei Ebay). Dieser definiert den Spielbereich sehr klar und sorgt gleichzeitig für einen wärmeren und weicheren Untergrund, wenn wir auf dem Boden spielen.

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Desweiteren strich ich die Kinderstühle und den Tisch mit goldgelben Acryl Lack und verziert das Mobiliar mit roten Blümchen – passend zum Teppich 🙂
Montessori legt im Übrigen Wert auf leichte Möbel, damit diese von Kindern ganz selbstständig dahin getragen werden können, wo sie gerade spielen möchten.

Lampe

Direkt über dem Tisch befindet sich diese lustige, glubschaugige Lampe*. Sie lässt sich in alle Richtungen bewegen, ist sehr robust und sorgt auch an trüben Tagen und in dunkleren Abendstunden für ausreichendes Licht.

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Wandtattoo

Im Zuge unserer Umräumaktion entstand eine riesige leere Wandfläche rechts vom Klavier (siehe Foto unten). Hier stand einst ein schweres Bücherregal, welches sich nun links vom Klavier befindet.

Einerseits genoss ich die große, weiße Fläche und den Raum. Andererseits fehlte ein Gegengewicht zu den schweren Möbeln auf der linken Seite. Wandfarbe, neue Regale o.ä. kamen nicht in Frage. Stattdessen entdeckte ich bei Wandtattoo.net eine putzige Baumlandschaft mit Eulen und sah darin die optimale Lösung für unser „Wandproblem“.

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Obwohl ich das größte Motiv (160 x 123 cm) bestellte, wirkte es an unserer hohen Wand noch recht klein. Ich kaufte kurzerhand passende Wandfarbe dazu (RAL-Farbe 90.19.06 bei „dunkelgrün“) und verlängerte den Stamm einfach um etwa 25 cm nach unten. Da die Wandfarbe matt und das Tattoo eher glänzend ist, strich ich mit der Farbe auch über den Stamm des Wandtattoo-Motives, um die Übergänge zu kaschieren. Das gelang nahezu perfekt.

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Anschließend malte ich noch einen etwas breiteren Abschluss, damit der Baum optisch nicht in der Luft hängt. Wer unser Motiv mit dem Original-Wandtattoo vergleicht, wird den Unterschied schnell erkennen. Das Ankleben der Blätter war eine abendfüllende Fummelei. Aber das Ergebnis ist super. Den Mond platzierte ich dann ebenfalls etwas weiter links als im Original vorgesehen, indem ich die Schnur zum Baum durchtrennte und mit Farbe und Pinsel verlängerte. So wuchs das Tattoo in Höhe und Breite und passt nun optimal an diese Stelle im Raum.

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Wandfarbe

Da wir in einer Dachgeschoss-Galeriewohnung wohnen und die Wände (Dachschrägen) unseres Wohnzimmers teils über 4 Meter hoch sind, drückten wir uns in den 7 Jahren, die wir hier leben, vor einem Anstrich. Als die neue Spielecke vor den weißen Wänden allerdings immer noch so trostlos wie vorher aussah, zückte ich nochmals – ganz im Umgestaltungsrausch – die Farbrolle.

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Wir entschieden uns für einen warmen Orange-Ton (RAL Nr. 40.04.06) und ich betonte lediglich zwei (übrigens genau gegenüberliegende) dreieckige Bereiche unseres Wohnzimmers: Die Kuschelzone und die Spielecke. Ich folgte dabei den Linien unserer _MG_0977Dachschrägen und brachte so etwas Farbe ins Spiel, ohne die kompletten Wände anstreichen zu müssen.

Über der Spielecke ließ ich dann passenderweise noch ein weiteres, kleines Eulen-Paar (38 x 80 cm) – in der gleichen Farbe wie die Baumlandschaft über dem Klavier – schweben. Diesmal gänzlich ohne Mogelei. Montessori ist zwar für Bilder auf Augenhöhe der Kinder, aber an dieser Stelle musste einfach ein optisch passender Kompromiss her.

Auf diesem Eulen-Foto könnt ihr außerdem meinen ganzen Stolz, die absolut sauber gestrichenen Kanten, bewundern. Für Laien wie mich, gibt es dafür ganz konkrete und sehr hilfreiche Anweisungen in diesem Video. Da wird jeder im Handumdrehen zum Malermeister 😉

https://www.youtube.com/watch?v=m5cg4_NLkFA

Und heute? Alles besser?

Ich mochte unsere helle Galeriewohnung schon immer, aber seit der Umräumaktion liebe ich unser Wohnzimmer. Es ist hell, geräumig, gemütlich, hübsch anzuschauen und bietet alles, was Eltern- und Kinderherzen begehren. Hier können wir lesen, kuscheln, toben und spielen UND unser Mädchen unbeaufsichtigt alleine lassen, wenn wir kochen, duschen oder anderen Beschäftigungen nachgehen. Die Matratze unter der Treppe ist zudem eine hervorragende Rückzugsmöglichkeit für Thomas und mich, wenn unser Mädchen abends unser Familienbett besetzt.

Ein Chaot bleibe ich wahrscheinlich bis an mein Lebensende, aber die Tatsache, dass nun (fast) alle Sachen (auch meine), ihren festen Platz haben, erleichtert unser Familienleben ungemein. Früher verbrachte ich Stunden damit, Dinge zu suchen. Ich suche zwar auch heute noch nach Schlüssel, Mütze & Co, aber finde die Sachen wesentlich schneller, weil ich sie nun meist an ihrem Platz ablege und dementsprechend weiß, wo ich nachschauen muss.

Unser Mädchen übernimmt diese Routine gerne und manchmal sogar wesentlich besser als ich. Das Aufräumen der Spielutensilien gehört für sie fast schon zum Spiel. Ich beobachte sehr oft wie sie freiwillig ihre Sachen an den richtigen Platz zurück legt, vor allem abends, wenn sie schlafen gehen will. Beginne ich mit dem Aufräumen ihrer Spielsachen, steigt sie gerne mit ein und übernimmt das Ruder. Ich hoffe das bleibt so.

Außerdem fühlt sich unser Mädchen – genau wie wir – sichtlich wohl in unseren neuen vier Wänden. Sie hängt gerne in der Schaukel ab (im wahrsten Sinne des Wortes) oder sucht sich gezielt Spielsachen heraus, mit denen sie sich alleine beschäftigt oder die sie mit uns bespielen möchte.

Ich bin jedenfalls überrascht wie sehr „ein paar“ Handgriffe das Wohngefühl verändern können. In unserem Fall brachte die Neugestaltung viel mehr Ordnung und vor allem Spaß –  ein perfektes Wohn-Kinder-Zimmer.

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Ein Gesamtblick auf unser Wohn-Kinder-Zimmer.
In der Ecke unter dem Dachfenster stand früher die erste Mini-Sitzecke.

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