Für unser Mädchen (fast 3 Jahre) waren Arztbesuche bis vor wenigen Wochen der blanke Horror. Sie weinte bereits, sobald sie merkte, dass wir auf dem Weg zur Arztpraxis waren. Dann die gesamte Wartezeit im Wartezimmer hindurch und spätestens wenn die Untersuchung startete, flehte sie mich unter Tränenbächen an, mit ihr nach Hause zu fahren. Eine Unterhaltung mit den Ärzten war aufgrund ihres lauten Weinens kaum möglich und sie beruhigte sich erst, wenn wir die Praxis wieder verließen. Absoluter Stress für sie und für mich.
Ich steckte in einer Zwickmühle, denn ich spürte, dass sie aufrichtige, ja panische Angst vor ärztlichen Untersuchungen hatte. Ich hätte ihr diese gerne erspart, aber das war selbstverständlich keine Lösung. Kleine Infekte kurierten wir zu Hause aus, aber ging es ihr sehr schlecht (beispielsweise bei langanhaltendem Husten), ließ ich ihren Gesundheitszustand sicherheitshalber vom Fachmann überprüfen.
Da unser Mädchen grundsätzlich zurückhaltend auf Fremde reagierte und sich auch nicht gerne von ihnen anfassen ließ, konnte ich ihr Unbehagen gegenüber Ärzten sehr gut nachvollziehen. Schließlich wirken Arztpraxen mit ihren merkwürdigen Gerüchen und Instrumenten nicht gerade einladend. Zudem hören wir regelmäßig andere, weinende Kinder – nicht gerade aufmunternd. Und schließlich will dieser Mensch, den sie kaum kennt nach einem kurzen Gespräch ihren nackten Körper abtasten, sie anfassen und ausführlich untersuchen. Eine Überschreitung vieler persönlicher Grenzen.
Für uns Erwachsene ist das ok. Wir wissen, dass Untersuchungen notwendig sind, um eine Diagnose zu erhalten und blenden eventuelles Unbehagen aus. Doch wie erkläre ich das meinem kleinen, verängstigten Mädchen? Wie vermittle ich ihr, dass alles in Ordnung ist? Dass sie auch in fremden Händen sicher ist?
Was ich bisher machte
Arzt spielen
Noch vor ihrem zweiten Geburtstag besorgte ich einen schicken Arztkoffer mit Handy. Ich hoffte, dass ihr das Nachspielen von Untersuchungen Freude bereitet und ihr die Angst ein wenig nimmt. Zu Hause spielten wir stundenlang Arzt und Patient, aber das änderte nichts an der Situation in der echten Praxis.
Reden
Wir redeten mit unserem Mädchen vor den Arztbesuchen und erklärten ihr, was gleich in der Praxis passiert. Mit zunehmendem Alter nickte sie verständnisvoll und versuchte nicht zu weinen, aber sobald ein Arzt das Zimmer betrat, war es aus und vorbei.
Papa statt Mama
Irgendwann schickte ich Thomas mit ihr zum Arzt, weil ich glaubte, unsere Tochter mit meinem Stress anzustecken. Da Arztbesuche für sie so eine Tortur waren, war ich im Vorfeld mindestens so angespannt und aufgeregt wie sie. Doch auch Thomas’ ruhige Art konnte ihr nicht helfen.
Praxisbesuche ohne Untersuchung
Schließlich schlug unsere Ärztin vor, öfter mal einfach so in die Praxis zu kommen – ohne Untersuchung ein bisschen im Wartezimmer spielen und lesen. So eine Art Eingewöhnung. Wir probierten das zweimal erfolgreich, denn die Idee gefiel uns gut, aber zwei Wochen später fand ich eine riesige Zecke auf ihrem Hinterkopf, die ich lieber in der Praxis entfernen lassen wollte. Das war schmerzhaft für sie und bot ihrer Panik neuen Nährboden.
Hilflosigkeit machte sich breit
Ich war fix und alle. Mit meinem Latein am Ende. Unsere Ärztin trägt keinen weißen Kittel, sondern völlig normale Kleidung und ist sehr respektvoll. Fasst unser Mädchen nur an, wenn es wirklich sein muss. Unabhängig von ihr, reagierte unser Mädchen bei jedem anderen Arzt (Zahnarzt, HNO-Arzt usw.) auf exakt dieselbe Weise. Es war also personenunabhängig. Wir versuchten alles erdenkliche, verarzteten sogar ihre Puppen und Kuscheltiere, aber nichts schien zu helfen. Dann passierte ganz unerwartet ein Wunder.
Heilung durch Heilpraktikerin
Wir besuchten Heilpraktikerin Isabel Leichtenberger in Düsseldorf, weil unser Mädchen nach einem langen Infekt sehr unausgeglichen und unruhig wirkte – weil sie wieder starke aggressive Tendenzen zeigte (siehe“Erfahrungsbericht Shonishin (japanische Kinderakupunktur„).
Mentale Vorbereitung
Vor dem ersten Treffen gab Isabel mir den wertvollen Hinweis, Aussagen wie „Du brauchst keine Angst haben“, „Es tut nicht weh“ oder „Es passiert nichts schlimmes“ zu vermeiden. Sätze, die ich oft zu unserem Mädchen sagte und von denen beim Kind nur „Angst“, „weh“ und „schlimm“ übrig bleiben. Stattdessen erklärte ich ihr genau, wen wir treffen und was uns erwartet. Dass Isabel ihr in den Mund schauen, ihren Puls fühlen und sie massieren möchte.
Unsere vier Behandlungen
Beim ersten Termin spulte unser Mädchen das übliche Programm ab. Sie schrie, weinte und trat mit ihren Beinen nach Isabel. Isabel respektierte allerdings ihre Grenzen und fasste sie nicht an. Sie redete ruhig mit ihr, aber als sie weiterhin hartnäckig blockierte, behandelte Isabel kurzerhand mich. Unser Mädchen sammelte also zum ersten Mal die Erfahrung, dass wirklich nichts passiert und ihr „Nein!“ gehört wird.
Bereits beim zweiten Termin wirkte unser Mädchen wesentlich entspannter. Sie wollte sich zwar nicht ausziehen und auf meinem Schoß sitzen bleiben, aber da Isabel das akzeptierte ließ sie sich diesmal sogar anfassen. Sie genoss die Massage und ließ sich fallen. Sammelte weitere positive Erfahrungen.
Beim dritten Termin legte sich unser Mädchen bereitwillig auf die Massageliege und zwar nur in Unterwäsche. Eine Sensation, wirklich! Ich war verblüfft und total gerührt. Mein Kind völlig entspannt in den Händen einer Frau, die wir gerade einmal zwei Therapie-Stunden lang kannten! Unglaublich.
Beim vierten und letzten Termin wollte sie wieder lieber auf meinem Schoß sitzen, was Isabel wieder respektierte. Dennoch spürte ich, wie sehr unser Mädchen Isabel mag. Sie kam ihr nach der Behandlung sehr nah, fasste ihre Haare an und machte Scherze. Sie war völlig ausgeglichen – von Stress und Angst keine Spur.
Das Ergebnis
Bereits nach der ersten Behandlung war unsere Tochter wieder mein altes Mädchen – ruhig und zugänglich, überhaupt nicht mehr aggressiv. Wir behandelten sie weiter, da Isabel ebenfalls an ihrem Schlaf- und Stillverhalten „arbeitete“. Das Schlafverhalten hat sich nicht zum Positiven verändert, was mich allerdings nicht enttäuscht, weil ich damit gerechnet hatte (aber dazu in diesem Artikel mehr). Womit ich ebenfalls nicht gerechnet hatte, war die Tatsache, dass Isabel’s Behandlungen die panische Angst unserer Tochter vor Ärzten enorm reduziert. Eine ganz wundervolle Nebenwirkung.
Anschließender Ärzte-Test: Panik ist weg
Nach den Treffen mit Isabel waren wir drei Mal beim Arzt. Der erste Besuch galt unserer Kinderärztin, weil unser Mädchen vereiterte Augen hatte und ich wissen wollte, ob es eine Bindehautentzündung ist. Unser Mädchen schlug selbst vor zum Arzt zu gehen: „Ich freue mich. Frau Fels kann helfen“. Selbstbewusst und freudig stürmte sie in die Praxis, nahm sich ein Buch und wartete im Arztzimmer (wegen der Ansteckungsgefahr durften wir gleich durch marschieren). Dann stand plötzlich ein Student im Praktikum vor uns, der eine kleine Voruntersuchung starten wollte. Unser Mädchen erschrak sich richtig, weil sie natürlich mit Frau Fels gerechnet hatte und weinte. Der Student reagierte unbeholfen und sehr unsicher, was sie noch mehr aus der Bahn warf. Als Frau Fels einige Minuten später eintraf, beruhigte sich unser Mädchen sofort. Normalerweise hörte sie ja, wie bereits gesagt, erst auf dem Weg nach draußen auf zu weinen.
Der zweite Arztbesuch fand wenige Tage später statt, weil unser Mädchen abends laut schreiend aufwachte und sich ans Ohr fasste. Ich ging in die Klinik mit ihr (6 Gehminuten von uns), weil sie danach verlangte. „Ohr. Aua! Arzt!“ Gemeinsam mit Thomas warteten wir auf den behandelnden Notarzt, der sehr locker und lustig mit ihr ins Gespräch ging, während er ganz nebenbei ihre Ohren untersuchte. Sie war nicht wirklich entspannt, aber weinte auch nicht. Und als die eigentliche Untersuchung vorbei war, flirtete sie mit ihm und machte Späße.
Der dritte Besuch in der Klinik dann wenige Tage später wegen einer Mittelohrentzündung auf dem anderen Ohr. Unser Mädchen wollte wieder freiwillig in die „Klinik“ und diesmal ließ sie sehr gelassen die Untersuchung über sich ergehen. Drei Ärzte innerhalb weniger Tage und drei für ihre Verhältnisse extrem entspannte Reaktionen.
Fazit
Bei Kindern ist Angst vor Ärzten bis zu einem gewissen Grad natürlich und normal. Die panische Angst unserer Tochter jedoch bereitete mir Sorgen. Ich bin sicher, dass wir mit den bisherigen Methoden (Arzt spielen, versuchen ruhig zu bleiben usw.) erst in vielen Wochen, wenn nicht sogar Monaten Erfolge erzielt hätten. Denn egal wie behutsam die Ärzte auch mit ihr umgingen, am Ende musste sie untersucht werden, ob sie wollte oder nicht.
Ich bin erstaunt, dass die wenigen Besuche bei Isabel geholfen haben, das Blatt zu wenden. Ich glaube, es war die Kombination aus der richtigen Einstimmung (genau erzählen, was gleich passiert) und der Erfahrung, dass ihre Grenzen akzeptiert werden. So fasste sie schnell Vertrauen und spürte gleichzeitig den positiven Effekt der Behandlung. Sie merkte, dass es ihr dadurch besser ging und forderte mich vielleicht deswegen bei späteren Schmerzen (Mittelohrentzündung) freiwillig auf, mit ihr zum Arzt zu gehen.
Ich verstehe nach wie vor nicht 100%ig warum es Isabel so schnell gelang, ihre Panik zu reduzieren. Das ist allerdings auch nicht so wichtig, denn wie heißt es so schön: „Wer heilt, hat Recht“ 😉
Wie reagieren Eure Kinder auf Ärzte? Total cool oder ähnlich wie unser Mädchen? Und wie geht Ihr mit dieser Situation um? Ich freue mich auf Eure Erfahrungsberichte!
Eure Kathrin