Was ich heute zu erzählen habe, ist das bislang schwärzeste Kapitel aus meiner persönlichen Stillzeit. Eine tieftraurige Erfahrung für mich und unser Mädchen, die ich uns beiden gerne erspart hätte. Aber der Reihe nach…
Inhalt
- Das Stillen vor der Geburt von Nestling Nr. 2
- Kein natürliches Abstillen
- Kein gemeinsames Familienbett
- Wie abstillen?
- Abstill-Equippment
- Abstilltagebuch
- Fazit nach 2,5 Wochen: Geht es ihr gut?
- Doch ein gemeinsames Familienbett?
- Warum Konsequenz beim Abstillen wichtig ist
- Ist spätes Abstillen immer mit großem Kummer verbunden?
- Wann ist der beste Zeitpunkt zum Abstillen?
- Fehlende Vorbilder und Ansprechpartner
- Schlussgedanke
- Linktipps
Das Stillen vor der Geburt von Nestling Nr. 2
Bevor unser Bub das Licht der Welt erblickte, stillte ich das Mädchen (zu dem Zeitpunkt 3,5 Jahre) noch. Tagsüber nur in Ausnahmefällen – wenn sie krank oder sehr müde war. Aber ich stillte sie regelmäßig in den Schlaf, morgens nach dem Aufwachen und unterschiedlich oft in der Nacht. Um ihren dritten Geburtstag herum (Juni 2014) schlief sie nahezu zuverlässig durch, doch mit dem Kindergartenbeginn im August wachte sie nachts plötzlich häufig auf und sie beruhigte sich meist nur an der Brust.
Ich stillte sie, weil ich das Gefühl hatte, dass sie es braucht. Weil es mich nicht störte. Und weil ich hoffte, dass sie eines Tages von sich aus die Bereitschaft zum Abstillen signalisiert. Dass wir unsere Stillbeziehung in beiderseitigem Einverständnis – ohne Widerstand und Protest – quasi „natürlich“ beenden.
Kein natürliches Abstillen
„Das natürliche Alter zum Abstillen [also der Zeitpunkt, an dem Kinder von alleine damit aufhören] scheint bei einem Mindestalter von 2,5 Jahren und bei einem Höchstalter von 7,0 Jahren zu liegen.“ Wie viel Zeit unser Mädchen noch benötigt hätte, um der Stillzeit von sich aus ein Ende zu setzen, bleibt ein Geheimnis. Ich hatte mir jedenfalls sehr gewünscht, dass sie zu den „Frühaufhörenden“ zählt (siehe „Langzeitstillen: Ist da überhaupt noch was drin?„). Doch dem war leider nicht so…
Kein gemeinsames Familienbett
Ich hätte ihr gerne noch mehr Zeit eingeräumt, aber mit der Geburt unseres Sohnes, stieß ich beim nächtlichen Tandemstillen heftig an meine Grenzen. Um halbwegs vernünftig schlafen zu können, musste ich sie zumindest nachts abstillen und mit dem Bub separat im Wohnzimmer nächtigen (Thomas blieb beim Mädchen im Schlafzimmer). Denn zwei Kinder nachts mit meiner Aufmerksamkeit und Milch zu versorgen, konnte und wollte ich nicht leisten, auch wenn ich mir nichts sehnlicher gewünscht hatte, als ein ruhiges Nebeneinander im Familienbett.
Wie abstillen?
Für mich kamen „Hardcore-Methoden“, wie eine Woche ohne sie zu verreisen oder die Brust mit scharfen Pasten einzureiben, nicht in Frage. Mit dem Stillen verbanden wir beide eine wunderschöne und innige Zeit, da wollte ich unser Mädchen beim Abstillprozess weder im Stich lassen noch herein legen.
Bei meiner Ausbildung zur Stillberaterin erzählte eine erfahrene Stillberaterin und Mutter von 5 Kindern, dass sie ihre Kinder abgestillt hatte, indem sie die Zeitintervalle mittels einer „Lichtuhr“ in der Nacht peu a peu ausdehnte. Das Licht diente als optische Orientierung und so brauchten die Kinder nicht immer nachzufragen, ob es soweit sei. Gleichzeitig durften diese Kinder weiterhin im Familienbett schlafen und wurden solange sie es brauchten liebevoll (mit Streicheleinheiten & Co) in den Schlaf begleitet. Das passte eher zu uns.
Abstill-Equippment
Bevor wir starteten, bestellte ich diese Schäfchen-Uhr und außerdem diese Schildkröte mit beruhigendem Lichtspiel und meditativen Klängen zum Runterfahren – letztere sollte ihr das Wiedereinschlafen ohne Brust erleichtern. Als das Paket geliefert wurde und unser Mädchen sich riesig über ihre neuen, „knuffigen“ Geschenke freute, wurde ich so traurig, dass mir das Wasser literweise aus den Augen lief.
Zum einen war ich so kurz nach der Geburt eh schrecklich labil und heulte ständig wegen allem und jedem. Zum anderen war ich all die Jahre jede einzelne Nacht für unser Mädchen da gewesen und nun musste ich sie plötzlich mit „Mutterersatzprodukten“ abspeisen (die ich übrigens furchtbar finde), um mich ausreichend um die Bedürfnisse von Nestling Nr. 2 kümmern zu können. Ich fühlte mich echt mies, weil ihr das putzige Schäfchen und die drollige Schildkröte optisch sehr gefielen, ich aber genau wusste, dass sie lieber mich als diese Tiere an ihrer Seite haben wollte…
Sie fragte, warum ich traurig bin und ich wollte es ihr zunächst nicht sagen, aber Thomas forderte: „Sei ehrlich!“ Da heulte ich noch mehr und erklärte ihr in wenigen Worten was ist. Dass sie ab heute nur noch zum Einschlafen und zum Aufwachen (wenn das Schäfchen grün wird) stillen darf und Papi in der Zeit dazwischen für sie da ist und mit ihr kuschelt, falls sie aufwacht (ich hatte das bereits mehrere Tage vorher angekündigt). Dass ich weine, weil ich mit dem Buben im Wohnzimmer schlafen muss (er grunzt so laut) und weil ich mich lieber um beide Nestlinge kümmern möchte, aber einfach nicht kann.
Ihre Reaktion konnte ich nicht einordnen. Sie saß auf meinem Schoss und spielte neugierig mit der Schildkröte. Ließ die Melodie immer und immer wieder laufen, aber sagte nicht viel. Und so starteten wir in der Nikolausnacht mit dem Abstillen.
Abstilltagebuch
Den „Wieder-in-den-Schlaf-Streichel-Part“ im Familienbett übernimmt Thomas, damit ich nicht extra aufstehen und aus dem Wohnzimmer kommen muss. Das Einschlafstillen erfolgt in der Regel gegen 19.30 Uhr und da sie nachts fast gar nicht mehr trinkt, stelle ich das „leuchtende Stillsignal“ direkt auf 5 Uhr.
Nacht 1 (05.12.14)
Das Mädchen wacht gegen 3 Uhr auf. Sie schreit und protestiert, als Papa sie trösten möchte. Ich liege im Wohnzimmer, wache von ihrem herzzerreißenden Weinen auf und höre zu. Ihr Protest wird immer lauter und hysterischer. Sie schreit: „ICH WILL MEINE MAMI!“ Immer wieder. Mit jedem Mal heftiger. Mein Herz blutet und ich halte das kaum aus. Ich möchte am liebsten ins Schlafzimmer gehen. Das Ganze abbrechen und sie in den Arm nehmen. Aber das geht ja nicht. Und so weine ich leise mit…
Nach einer gefühlten Ewigkeit kommt sie zu mir ins Wohnzimmer. Tränenüberströmt. Ich bin so froh, dass sie da ist. Ohne nachzudenken lasse ich sie kurz an der Brust trinken. Dann besinne ich mich; ich docke sie ab und sage ihr, dass sie erst wieder stillen darf, wenn das Schäfchen grün ist.
Da veranstaltet sie einen riesigen Aufstand. Sie haut mich, schreit und weint. Sie fleht mich an und wälzt sich dabei auf dem Boden. Sie ist traurig, wütend – so unfassbar verzweifelt. Als sie kurz vor dem Kollabieren ist, schicke ich sie ins Schlafzimmer, um zu schauen, welche Farbe das Schaf hat. Es ist grün (5.00Uhr)! Gott sei Dank! Sie darf wieder stillen und wir alle atmen erschöpft und erleichtert auf.
Glücklicherweise ist Nikolaus und die gefüllten Stiefel lenken sie von der schrecklichen Nacht ab. Mich nimmt dieser zweistündige Akt stark mit; ich fühle mich miserabel.
Planänderung: Nach dieser Nacht wird mir bewusst, dass ich sie wieder in den Schlaf begleiten muss, wenn sie wach wird. Sie nicht mehr zu stillen ist die eine Sache, aber sie von jetzt auf gleich nachts alleine mit Papa zu lassen (was sie nicht gewöhnt ist), ist unfair ihr und Thomas gegenüber. Schließlich will ich sie nicht mehr stillen, da kann ich zumindest für einen sanften Übergang sorgen. Auf diese Weise gewöhnt sie sich hoffentlich sanft an die neue Schlafsituation und akzeptiert Thomas irgendwann als nächtliche Bezugsperson. Bei einem Hauruck-Wechsel dagegen wird Thomas zum Buhmann, der ihr die Mama wegnimmt. Kein Wunder, dass sie ihn von sich weist…
Nacht 2 (06.12.2014)
Sie schläft bis 5 Uhr. Freudenstimmung!
Nacht 3 (07.12.2014)
Sie schläft bis 6 Uhr. Sollte es wirklich so einfach sein?
Nacht 4 (08.12.2014)
Sie wacht 3.30 Uhr auf und ich gehe direkt zu ihr. Während der Bub ganz entspannt auf meiner Brust weiter schläft, macht sie Terror. Wieder das ganze traurige Programm (weinen, betteln, schimpfen, treten) bis das Schäfchen sie 5 Uhr endlich erlöst.
Nacht 5 (09.12.2014)
Sie wacht 24 Uhr auf und ich gehe zu ihr. Sie protestiert, aber nicht mehr so heftig. Sie ist anfangs sauer auf mich und rollt sich weg. Dann nimmt sie mein Kuschelangebot an und schmiegt sich ganz dicht an mich ran. Es dauert bis ca. 2 Uhr, bis sie endlich einschläft. Mit ihrem Kopf auf meiner Schulter, während ich ihr weiches Haar streichle und für sie singe.
Nacht 6 (10.12.2014)
Sie wacht gegen 2 Uhr auf und ich gehe zu ihr. Nur noch kleiner Protest und kaum Diskussionen. Sie kuschelt sich nach anfänglichem Widerstand an mich und schläft gegen 3.30Uhr ein.
Nacht 7 (11.12.2014)
Sie wacht auf, aber akzeptiert das Kuscheln sofort.
Nacht 8 (12.12.2014)
Sie wacht auf und akzeptiert das Kuscheln sofort. Schläft schnell wieder ein.
Nacht 9 (13.12.2014)
Gegen 2 Uhr aufgewacht und 1,5 Stunde wach.
Wir stellen das Schäfchen auf 6 Uhr, weil sie nun morgens länger schläft.
Nacht 10 (14.12.2014)
22.30 Uhr wach und ganz schnell wieder eingeschlafen.
Nacht 11 (15.12.2014)
19 Uhr ins Bett mit 38 Grad Temperatur.
3 Uhr mit 39, 5 Grad Fieber über eine Stunde lang wach. Sie fragt ganz leise: „Mama, Milch?“ 🙁
Mein Herz zerbricht, weil sie immer viel stillen durfte, wenn sie krank war, aber ich will nicht die „Abstillarbeit“ von 1,5 Wochen kaputt machen. Sie fragt nach „Medizin“ – ich gebe ihr ein fiebersenkendes und schmerzstillendes Mittel und streichelte sie in den Schlaf. Sie tut mir unfassbar leid…
Nacht 12 (16.12.2014)
Eine weitere Fieber-Nacht.
Sie wacht 3 Uhr auf und lässt sich zum allerersten Mal nur von Thomas beruhigen. 2 Minuten vor 6 gehe ich zu ihr und das Schaf ist 6 Uhr grün geworden – sie sehr stolz und erleichtert, dass sie es geschafft hat.
Nacht 13 (17.12.2014)
19.30 Uhr ins Bett (kein Fieber mehr dafür Husten)
Gegen 3 Uhr wieder wach und wieder mit Papa eingeschlafen
Nacht 14 (18.12.2014)
Ich muss erst 6 Uhr rüber.
Nacht 15 (19.12.2014)
Wir sind alleine (Thomas fährt nach Weißwasser, um Oma abzuholen).
Sie wird gegen 23.30 Uhr wach (wegen husten) und will unbedingt gestillt werden als ich komme (ist offensichtlich verwirrt, dass ich da bin und nicht Thomas). Sie weint bitterlich und protestierte heftig als ich nein sage, findet dann allerdings trotzdem wieder in den Schlaf (ohne Stillen). Bin dann wieder ins Wohnzimmer mit dem Bub (weil er so laut war) und gegen 6 Uhr wieder zu ihr.
Nacht 16 (20.12.2014)
Thomas ist wieder da und ich muss erst 6 Uhr rüber (grünes Schäfchen).
Nacht 17 (21.12.2014)
20 Uhr ins Bett und bis 6.40 Uhr geschlafen – laut Thomas nur eine kleine Unterbrechung in der Nacht.
Fazit nach 2,5 Wochen: Geht es ihr gut?
Ich hatte zu dem Zeitpunkt den Eindruck, dass es für unser Mädchen ok ist mit Papa zu schlafen (ich hörte sie ja kaum mehr) und ich befragte ihn, wie er es sieht. Für optimal schien er es nicht zu halten, denn sie fragte wohl regelmäßig nach mir. Sie schien traurig zu sein.
Mist. Ich hatte gehofft, dass alles gut ist, denn für mich hörte es sich nachts so „friedlich“ an. Das hätte die Sache zumindest gedanklich erleichtert, denn das Abstillen war unumgänglich für mich – ich hätte unmöglich so weitermachen können. Doch nun wusste ich, dass sie mich nachts sehr vermisst; das tat weh.
Doch ein gemeinsames Familienbett?
Daraufhin fragte ich sie, ob ich wieder mit dem Bub im Schlafzimmer schlafen soll. Ihre Augen leuchteten und sie bejahte sofort. Ich sagte: „Ich habe Angst, dass der Kleine zu laut ist und Dich weckt!“ Sie erwiderte fröhlich: „Du brauchst Dir keine Sorgen machen.“
Doch leider scheiterte auch dieser Versuch, alle Familienmitglieder in einem Bett zu vereinen. Sobald der Bub anfing zu grunzen (das passierte oft und laut), stopfte ich sein Mäulchen schnell mit Milch, damit er das Mädchen nicht stört. Als er dann gegen 4 Uhr morgens wortwörtlich die Schnauze voll hatte und mich und sich mit einem ordentlichen Milchschwall begoss (woraufhin unser Mädchen weinend erwachte) wusste ich, dass das nicht die Lösung sein konnte.
Eine bessere fiel mir leider noch nicht ein, denn beide Kinder haben einen völlig entgegengesetzten Schlafrhythmus und wenn ich die Wachphasen von beiden begleite, bekomme ich selbst kaum noch Schlaf. Und so schlafen wir bis heute getrennt, was unserem Mädchen, vor allem wenn es ihr schlecht geht, zu schaffen macht.
Warum Konsequenz beim Abstillen wichtig ist
Ich verursachte übrigens einen sehr dramatischen Rückschritt, weil ich das Mädchen im Januar (als sie nochmals krank war) abends außer der Reihe stillte. Sie war 19.30 Uhr eingeschlafen und 20 Uhr hustend erwacht. Sie ließ sich nicht von Thomas beruhigen und weinte stark. Ich ging ins Zimmer, fragte ob sie Schmerzen habe. Sie bejahte; ich gab ihr Medizin und bot ihr die Brust zum Wiedereinschlafen an. Keine Ahnung warum. Es passierte einfach. Wahrscheinlich weil ich es so kurz nach dem eigentlichen Einschlafen noch zum Einschlafstillen zählte, aber sie konnte ja nicht wissen, wie lange bzw. wie kurz sie geschlafen hatte…
Die Quittung kam dann in der nächsten Nacht, als sie gegen 1 Uhr erwachte und natürlich wieder in den Schlaf gestillt werden wollte. Als ich verneinte und zur üblichen Routine (Streicheln, Kuscheln, Singen) überging, rastete sie so extrem aus wie in der allerersten (Nikolaus-)Nacht. Sie wehrte sich heftig gegen meine Berührung, gegen Thomas’ Anwesenheit und schrie das ganze Haus zusammen. Fast zwei Stunden lang – extrem laut und wütend.
Wir schlossen das Fenster, weil wir befürchteten, dass jemand wegen ihres schrecklichen Schreiens die Polizei ruft. Gleichzeitig ärgerte ich mich schwarz über meine Blödheit! Warum hatte ich das getan? Vor allem, was habe ich ihr damit angetan? Während sie all ihre Wut und ihren Kummer hinausschrie, lag ich verzweifelt und traurig neben ihr. Sie war anscheinend noch lange nicht über das Abstillen (meine Abwesenheit in der Nacht) hinweg – der Schmerz saß offensichtlich ganz tief. Ich fragte sie irgendwann, was ich machen kann. „Wie kann ich Dir helfen?“ Da schleuderte sie mir fuchsteufelswild entgegen: „Ihr könnt mir nicht helfen!“ Da heulte ich wieder Rotz und Wasser, aber sie hatte Recht. Ich konnte einfach nichts machen…
In den Nächten darauf glätteten sich die Wogen allmählich und sie ließ sich wieder von Thomas beruhigen, aber der Vorfall ging uns echt an die Nieren. Wie gerne hätte ich mein „Zwischenstillen“ ungeschehen gemacht… Das hatte die Situation unnötig erschwert, weil es in ihr Hoffnung entfachte, obwohl meine Entscheidung endgültig war. Thomas meinte in jener Nacht: „Da bekomme ich ja echt Zweifel, ob das Langzeitstillen wirklich so gut ist!“
Ist spätes Abstillen immer mit großem Kummer verbunden?
Ja und nein. Es heißt „je älter Kinder sind, wenn sie abgestillt werden, desto mehr Protest legen sie beim Entzug des Busens ein.“ [Obwohl die Muttermilch für die Entwicklung der Kleinsten ja am wichtigsten ist]. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Großen es sich im Gegensatz zu den kleineren Kindern leisten können „viel Lärm um nichts zu machen“. Denn „lautstarker Protest ist für einen schutzlosen Säugling, der tagtäglich ein Drittel seiner Energie für sein Wachstum abzweigen muss, weitaus „teurer“ als für ein Kleinkind, das nur noch 5 Prozent seiner Energie für das Wachsen braucht.“
„Neben dem Alter entscheidet ein zweiter Faktor, wie schwer der Zoff ist, den sich Mutter und Kind liefern – nämlich wie „sozial einschneidend“ das Abstillen ist. Wenn mit dem Abstillen auch der Verlust der Mutter droht, wird vehementer um den Zugang zur Brust gestritten“ (Herbert Renz-Polster „Kinder verstehen„, S. 65).
Obwohl ich versuchte unserem Mädchen weiterhin viel Aufmerksamkeit zu schenken – sie oft zu herzen und zu tragen, muss sie seit der Geburt ihres Bruders häufig zurück stecken und auf meine körperliche Nähe verzichten. Das Abstillen in der Nacht ging bei uns außerdem mit meinem Auszug aus dem Familienbett einher – eine wahrlich ungünstige Kombination, da sich unser gemeinsames „Kuschelzeitfenster“ plötzlich stark verkleinerte.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass alles halb so dramatisch verlaufen wäre, wenn wir uns nach wie vor ein Bett teilten. Doch das Mädchen ist beim schmusenden Papa ja gut aufgehoben; ich brauche zumindest ein paar Schlafeinheiten und der Bub soll nachts schließlich die gleiche Nähe und Geduld erhalten, die das Mädchen in den ersten Lebensjahren bekam – und zwar ohne unfreiwillige Druckbetankung. Von den alten Gewohnheiten abzulassen, ist gerade sehr schmerzhaft für uns Mädels, aber da hier niemand allein zurückgelassen wird, hoffe ich sehr, dass wir auch diese Umstellung gut überstehen.
Wann ist der beste Zeitpunkt zum Abstillen?
Im Laufe der Stillzeit dachte ich immer wieder über einen geeigneten Zeitpunkt zum Abstillen nach, aber ich fand ihn nie. Für mich war klar, dass ich dem Mädchen keine artfremde Milch geben will, solange meine fließt und sie welche braucht. Doch bis zu welchem Alter brauchen Kinder Muttermilch? Woran erkenne ich, ob es sich nur um eine liebgewonnene Gewohnheit handelt oder um ein ernsthaftes Bedürfnis?
Vielleicht wäre zwei Jahre ein gutes Alter gewesen, aber es gab immer wieder Wachstumsschübe und Krankheiten, bei denen sie mehr bzw. ausschließlich stillte. Und ich war froh, dass sie in diesen Zeiten wenigstens Muttermilch zu sich nahm. Außerdem schien sie in bestimmten Lebenssituationen das Stillen und die damit verbundene Nähe mehr zu brauchen – beispielsweise als ich schwanger wurde oder während der vollkommen unproblematischen Loslösung von uns beim Kindergartenstart.
Da ich die Frage nach dem richtigen oder besten Zeitpunkt zum Abstillen nie zweifelsfrei für mich beantworten konnte, stillte ich solange weiter, bis ich nicht mehr konnte/ wollte. Ich machte diese Entscheidung sozusagen abhängig von meinen Bedürfnissen und nicht von denen meiner Tochter.
Im Nachhinein betrachtet wäre es vielleicht klüger gewesen, sie bereits früher – vielleicht in der Schwangerschaft – abzustillen, um ihr die doppelte Belastung (Milch und Mama weg) zu ersparen. Aber ich konnte ja nicht wissen (obwohl ich es ahnte), dass es so schlimm für sie wird. Und wer weiß, vielleicht war mein körperliches Limit notwendig, um die Sache bis zum Ende durchzuziehen? Denn ich bin definitiv zu weich für so einen heftigen Abstillkonflikt und hätte mich ohne Nestling Nr. 2 sicherlich schon bei ihren ersten tränenreichen Protesten von ihr erweichen lassen…
Fehlende Vorbilder und Ansprechpartner
Mir machte in dieser Abstillphase nicht nur zu schaffen, dass meine Tochter so darunter litt, sondern auch dass ich keine Gleichgesinnten kannte, mit denen ich darüber reden konnte. Für viele Frauen kämpfte ich mit einem „hausgemachten“ Problem – „Selbst Schuld, hättest ja schon viel eher abstillen können.“ Dabei wünschte ich mir so sehr ein paar aufbauende Worte oder mutmachende Erfahrungsberichte. Doch die Mädels in meinem Umfeld hatten ihre Kinder alle bereits viel eher abgestillt und konnten sich somit weder in meine Situation hineinversetzen noch mit eigenem Wissen weiter helfen. Das war doppelt frustrierend.
Schlussgedanke
„Du musst Dir Deiner Sache nur sicher und konsequent sein und spätestens nach einer Woche ist das Thema durch!“ lautete es von vielen Seiten, als ich mich entschloss unser Mädchen nachts abzustillen. Ich war mir so sicher wie noch nie und trotzdem dauerte es ewig und war emotional sehr aufwühlend. Unser Mädchen hat noch heute daran zu knabbern, was mich wiederum sehr traurig macht.
Dieser Prozess brachte allerdings auch positive Veränderungen mit sich. Beispielsweise verbesserte sich die Beziehung zwischen Thomas und dem Mädchen in dieser Zeit. Das hatte ich mir schon lange für Thomas gewünscht, weil er ein so liebevoller und fürsorglicher Vater ist, doch leider bevorzugte unser Mädchen immer mich, wenn sie Zuneigung oder Trost benötigte. Nun ist sie bereit, die vielen Streicheleinheiten, die sie benötigt auch von ihm anzunehmen und Thomas leistet jede Menge „Herzarbeit“, damit sie sich weiterhin angenommen und geliebt fühlt – am Tage und in der Nacht.
Außerdem wurde mir in dieser Zeit bewusst, dass ich schmerzhafte Erfahrungen nicht abwenden kann, egal wie sehr ich mich bemühe, aber dass das auch gar nicht schlimm ist, weil wir gemeinsam als Familie in der Lage sind, diese „Probleme“ zu lösen. Die Geburt des Buben war definitiv eine einschneidende Erfahrung für unser Mädchen, doch ich glaube, dass wir keinen „Knacks“ bei ihr zu befürchten brauchen, weil wir ihr mitfühlend beistehen und sie nicht „strafen“ für ihre natürliche Reaktion auf diese Veränderung.
Das Einschlafstillen und das Stillen am Morgen möchte ich übrigens noch eine Weile beibehalten. Dafür bedarf es abends zwar den vollen Körpereinsatz von Thomas, weil er den Kleinen dann in den Schlaf tragen muss, damit ich mich ausschließlich um das Mädchen kümmern kann. Aber das machen wir gerne, weil sie bereits viele „Kuschel-Kürzungen“ tapfer wegsteckte und sie sich immer so sehr auf diese 1:1 Mama-Zeit freut. Und wer weiß, vielleicht beendet sie diese „Mini-Stillbeziehung“ ja irgendwann ganz friedlich und von sich aus…
Linktipps
Das natürliche Alter zum Abstillen
8 Tipps für liebevolles Abstillen nach dem 1. Lebensjahr
Abstillen nach Dr. Jay Gordon (für Kinder ab 1 Jahr)
Hinweis zur Lichtuhr
Unser Schäfchen kann ich aus folgendem Grund nur bedingt weiter empfehlen. Wenn das Schaf „einschläft“, ist es hellblau. Beim Erwachen wird es dunkelblau. Eine halbe Stunde vor dem Erwachen wird es grün (ein deutlich erkennbarer Farbunterschied). Verschläft das Kind jedoch diese 30 „grünen“ Minuten, ist der Unterschied zwischen hell- und dunkelblau nur schwer erkennbar. Bei uns klappt es mittlerweile ganz gut, weil unser Mädchen meist zur gleichen Zeit aufwacht. Schläft sie jedoch länger, ist die Irritation groß.Ich habe bei Amazon noch diese Kinderuhr gesehen, aber selbst nicht probiert. Den Bildern nach zu urteilen, scheint sie jedoch eine bessere Farbabstufung zu haben.