Unser Mädchen (4,5 Jahre) quasselt wie ein kleiner Wasserfall und zwar ungeachtet dessen, ob sich andere gerade unterhalten oder nicht. Seit einigen Monaten fordere ich sie jedes Mal auf zu warten, bis wir fertig geredet haben, doch alleine der Hinweis „Ich will zuerst mit „xy“ zu Ende sprechen, dann können wir miteinander reden“ stört die Gespräche ungemein. Ich redete mir den Mund oft genug fusselig, damit sie ihren zumindest für ein kleines Weilchen hält, bislang jedoch ohne nennenswerten Erfolg.
Was sie dagegen innerhalb eines Tages verstand, war eine kleine Geste, die ich mir bei der australischen Bloggerin Kate abschaute. Kate schreibt:
„Ich unterhielt mich eines Tages mit einer Freundin, als ihr 3-jähriger Sohn etwas sagen wollte. Anstatt sie jedoch zu unterbrechen, legte er ihr nur seine Hand auf ihr Handgelenk und wartete. Meine Freundin legte ihre Hand auf seine, um ihm zu zeigen, dass sie es bemerkt hatte und wir sprachen dabei ganz normal weiter. Nachdem sie zu Ende gesprochen hatte, drehte sie sich zu ihm. Ich war begeistert! So einfach. So einfühlsam. So respektvoll von beiden, dem Kind und der Erwachsenen.“
Mir gefiel diese stille und wertschätzende Form der Kommunikation so gut, dass ich es neulich am Frühstückstisch direkt ausprobierte. Es dauerte nur wenige Minuten, bis das Mädchen uns ins Wort fiel und ich bat sie daraufhin immer dann, wenn sie etwas sagen möchte, meine Hand zu nehmen. Sie griff kichernd nach meiner Hand und ich legte meine auf ihre, erklärend, dass ich ihr gleich zu verstehen gebe, wann sie loslegen darf. Sie wartete geduldig, bis wir fertig waren und ich ihr mit einem Nicken signalisierte, dass sie nun reden könne.
Obwohl wir diese Strategie beim Frühstück nicht oft geübt hatten, erinnerte sie sich am Nachmittag von selbst daran. Mitten im Gespräch mit einer Freundin griff unser Mädchen plötzlich nach meiner Hand und schaute mich erwartungsvoll an. Ich nahm ihre Hand, während ich mein Gespräch ungehindert fortsetzte und sie übte sich in Geduld, bis ich ihr meine volle Aufmerksamkeit schenkte. Und meine Freundin, der ich diese neue „Gesprächstechnik“ erst später erklärte, bekam davon überhaupt nichts mit.
Ich mag diese unauffällige und feinfühlige Methode, weil ich so nicht hundertmal sagen muss „Warte bitte bis ich fertig bin“ und dabei mindestens genauso oft den GeduldsFaden verliere. Ich kann in Ruhe ausreden, unser Mädchen weiß, dass ich ihr bald eine Gelegenheit zum Quasseln einräume und wir halten solange einfach Händchen.
Dieses Händchenhalten und mein Blickkontakt reichen übrigens oft aus, um ihren Mitteilungsdrang zu stoppen. Denn in den meisten Fällen, in denen sie mir unbedingt etwas ganz Wichtiges sagen möchte, sucht sie eigentlich nur meine Aufmerksamkeit und Nähe. Statt vieler Worte tauschen wir nun öfter liebevolle Berührungen aus und falls sie doch etwas erzählen möchte, darf sie das nach unserer Kuscheleinheit.
Da wir uns mit dieser Methode noch in der Übungsphase befinden, lasse ich sie recht zügig zu Wort kommen, damit sie merkt, dass es funktioniert. Demnächst verlängere ich ihre Sprechpausen allmählich und signalisiere ihr durch Blickkontakt oder einem leichten Händedruck, dass ich sie nicht vergessen habe. Ich bin gespannt, ob es klappt.
Mit zwei oder noch mehr Kindern (beispielsweise am Essenstisch) gestaltet sich das Ganze natürlich etwas schwieriger. Aber bis der Bub sich verbal am Geschehen beteiligt, vergehen noch ein paar Monate. Bis dahin genießen wir den regelmäßigen „Händedruck“ und ein paar zusammenhängende Sätze ohne Unterbrechungen.