Buchempfehlung: Spielen schafft Nähe – Nähe löst Konflikte

Kathrin für Eltern Leave a Comment

Das großartige Buch Spielen schafft Nähe – Nähe löst Konflikte* von Aletha Solter begleitet mich schon viele Jahre – es war eines der wenigen, das ich in einer Kiste mit nach New York genommen habe. Heute endlich möchte ich es vorstellen, weil mir die im Buch erklärten Spielstrategien in den letzten Jahren immer wieder erfolgreich geholfen haben, Konflikte zu entschärfen. Oder besser: Sie gar nicht erst entstehen zu lassen.

„In diesem Buch sind Spiele beschrieben, die dazu beitragen, Stress abzubauen, die Bindung zu ihrem Kind zu festigen, Verhaltensprobleme auszuhebeln und gleichzeitig die Fröhlichkeit bei allen Beteiligten zu fördern. Sie werden entdecken wie leicht es sein kann, positiven Einfluss auf das Verhalten Ihres Kindes zu nehmen, und zwar ungeachtet seines Alters und ohne Strafen anzuwenden.“ (A. Solter)

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Sichere Eltern-Kind-Bindung ist der Grundstein für das emotionale Wohlbefinden des Kindes

Solters Buch stützt sich auf die Bindungstheorie des britischen Arztes und Psychoanalytikers John Bowlby. Er betrachtet die sozialen Interaktionen zwischen Mutter (Bezugsperson) und Kind als einen der wichtigsten Faktoren für die Entwicklung eines gesunden Bindungsverhaltens. Bowlby zeigt, dass eine gute (sichere) Bindung dann entsteht, wenn es der Mutter in den ersten Lebensjahren gelingt, zuverlässig, prompt und liebevoll auf die Bedürfnisse ihres Nachwuchses zu reagieren. Er beschreibt allerdings auch, dass das Fehlen einer positiven, sicheren Bindung, zu einer breit gefächerten Palette an Verhaltensauffälligkeiten und emotionalen Problemen führen kann. An dieser Stelle setzt Solters gewaltfreier und spielerischer Erziehungsansatz an.

Warum sind Spiele für die Eltern-Kind-Beziehung so wichtig?

Laut Solter unterstützen uns Spiele nicht nur dabei eine Verbindung zu unserem Kind aufzubauen – von Geburt an mit ihm zu kommunizieren und in Beziehung zu gehen. Sie helfen zudem eine gesunde Beziehung dauerhaft aufrecht zu erhalten, indem wir auch mit älteren Kindern auf regelmäßiger Basis spielerisch-freudig in Kontakt gehen.

Selbst die beste Bindung kann zumindest zeitweise, beispielsweise durch äußere Umstände (Umzugsstress, neuer Job, neues Geschwisterkind usw.) geschwächt werden. Solch eine „Bindungsstörung“ äußert sich meist in – aus unserer Erwachsenensicht – unangemessenem Verhalten. Das Kind haut, beißt oder verhält sich in irgendeiner anderen Form auffällig, weil es sich verunsichert, ängstlich, einsam oder machtlos fühlt.

„Bindungsspiele können ein hochwirksames Mittel in solch belastenden Lebensphasen sein!“ (A. Solter)

Doch auch, wenn keine gravierenden Veränderungen stattfinden, so ändert sich unser Spielverhalten mit zunehmendem Alter des Kindes. Während es uns bei Babys und Kleinkindern leicht fällt, kontinuierlich spielerische Interaktionen in den Alltag zu integrieren, finden sie bei größeren Kindern meist weniger selbstverständlich statt. Je selbstständiger unsere Nestlinge werden, je besser sie sich mit sich selbst beschäftigen können (und aus unserer Perspektive auch sollen), desto weniger spielen wir mit ihnen. Was jedoch nicht heißt, dass unsere Kinder keine Lust mehr darauf haben oder diese Art von Kontakt nicht mehr brauchen.

„Spiel mit mir, Mama! Spiel mit mir, Papa!“ Wie oft haben Sie diese Aufforderung von ihrem Kind gehört? Kinder lieben Spiele über alles, insbesondere mit den Eltern. Wenn Sie mit ihrem Kind spielen, stillen sie sein Bedürfnis nach Bindung und stärken das Gefühl geliebt zu werden. Das Spiel zählt zu den besten Mitteln, die emotionalen Batterien des Kindes wieder aufzuladen.“ (A. Solter)

9 Bindungsspiele

Im ersten Teil ihres Buches beschreibt Solter neun Formen des Bindungsspiels, die für Kinder von 0-12 Jahren geeignet sind.

  • Nicht-direkte, kindzentrierte Spiele
    Einsatz von Requisiten, welche die Fantasie anregen wie Bausteine, Puppen, Knete und dann dem Kind die Führung überlassen
  • Symbolspiele mit problembezogenen Requisiten oder Themen
    Problematische Situationen (wie Angst vor Zahnarzt) nachspielen
  • Kontingenzspiele
    Aktivitäten, bei denen sich das Verhalten des Erwachsenen in Übereinstimmung mit dem Verhalten des Kindes zuverlässig wiederholt (zB. Bei Stups auf die linke Wange lachen und bei Stups auf die rechte Wange trauriges Gesicht)
  • Nonensspiele
    Quatsch machen und lustig die Realität verdrehen wie Hose über den Kopf ziehen.
  • Trennungsspiele
    Versteck- oder Fangenspiele
  • Machtumkehrspiele
    Aktivitäten, bei denen Eltern vorgeben, schwach, ängstlich, begriffsstutzig oder wütend zu sein (z.B. umfallen wenn man vom Kissen getroffen wurde)
  • Regressionsspiele
    Aktivitäten, bei denen ältere Kinder wieder klein sein wollen – Babysprache sprechen oder Hilfe beim Anziehen „brauchen“
  • Aktivitäten mit Körperkontakt
    Wie Raufen, Schubkarre oder Kreisspiele, bei denen man sich an den Händen hält
  • Kooperative Spiele
    Gemeinsam Geschichten ausdenken oder zusammen einen Turm bauen

„Bindungsspiele weisen unverwechselbare Merkmale auf, die sie von herkömmlichen Spielen oder Sportarten unterscheiden. Sie sind auf das Kind ausgerichtet, lösen oft Lachen aus, erfordern kein spezielles Zubehör und können völlig unabhängig von Zeit und Ort durchgeführt werden. Dazu kommt, dass sie weder wettbewerbsorientiert noch an vorgegebene regeln gekoppelt sind.“ (A. Solter)

In Teil 2 und 3 beschreibt Solter, wie sich verschiedene, problematische Familiensituationen mit Hilfe von Bindungsspielen auflösen lassen:

Inhaltsangabe

Welches Bindungsspiel passt zu mir?

Ich habe schnell gemerkt, dass einige Formen der Bindungsspiele besser zu mir passen, als andere. Ich bin zum Beispiel kein großer Fan von Rollenspielen – wenn die Nestlinge mir den Text Wort für Wort zuflüstern, den ihre Puppe (also ich) sprechen soll. Das liegt mir schlichtweg nicht, auch wenn es noch so bedeutend oder lustig für sie sein könnte. Dafür mache ich schon immer gerne Quatsch mit ihnen und es fällt mir nicht schwer, unterschiedliche Nonsensspiele in unseren Alltag zu integrieren.

Ihr allerliebstes Lieblingsspiel ist, wenn ich so tue, als wenn ich sie nicht sehe, obwohl sie auf meinen Füßen sitzen und sich an meinen Beinen festhalten. Ich rufe sie laut, während ich mühsam von einem Zimmer zum nächsten laufe (sie hinterherschleifend). Versuche super schnell zu rennen, aber komme nicht von der Stelle, weil sie so ja schwer sind. Bei dieser Art von Quatsch lachen sie sich immer scheckig.

Lachen heilt und verbindet

„Lachen ist eine besonders wohltuende Komponente des Spiels. Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Lachen innere Anspannung, Angst und Wut verringern kann.“ (A.Solter)

Besonders wertvoll sind lustige Spiele, wenn die Nestlinge etwas schlechter gelaunt oder müde sind. Wenn ich ihnen abends beim Zähne putzen „aus Versehen“ die Nase schrubbe , Wortverdrehungen wie „Pahnzasta“ verwende oder so tue als wenn das Mädchen (fast 8 Jahre) mein Riesenbaby ist – sie versuche auf dem Arm zu wiegen, während ihre Arme und Beine immer wieder herunterklappen.

„Unglücklicherweise braucht ihr Kind die spielerischen Aktivitäten mit Ihnen oft am meisten, wenn Ihnen am wenigsten der Sinn danach steht.“ (A.Solter)

Es kostet Überwindung spaßig zu sein, wenn man die Kinder abends einfach nur fix für’s Bett fertig machen will, weil man selbst müde und erschöpft ist. Doch die Erfahrung zeigt, dass Druck, harte Worte und daraus resultierender Streit wesentlich hässlicher und Energie-zehrender sind, als ein Spielchen. Wenn ich über meinen Schatten springe und Quatsch mache, lachen alle. Wir verbinden uns. Stelle ich mich stur und ziehe straff mein Ding durch, haben alle schlechte Laune. Und wir sind emotional zudem meilenweit voneinander entfernt.

Spaß für die ganze Familie

Eines unserer liebsten und lustigsten Familienspiele an den Wochenenden ist übrigens das Fange Spiel. Die Nestlinge krümmen sich vor Lachen, wenn Thomas so tut, als wenn er ein Faultier ist und sie immer ganz knapp verfehlt. Denn natürlich wollen sie nicht ernsthaft und nach richtigen Regeln spielen, sie wissen genau, dass wir viel schneller sind als sie. Ihnen geht es viel mehr um die Interaktion mit uns und den Nervenkitzel, weil wir sie zwischendurch doch ganz unerwartet schnappen.

Nicht stur einem Spielplan folgen, sondern sich flexibel und mit ganzem Herzen auf das Kind einlassen

Solter betont wie wichtig es ist, beim Spiel mit den Kindern entspannt und flexibel zu bleiben. Wir haben oft eine Vorstellung davon, wie Kinder zu malen, zu spielen oder sich zu verhalten haben. Bei den Bindungsspielen geht es jedoch darum, sich komplett zurückzuhalten und dem Kind die Führung zu überlassen. Es nicht zu belehren oder zu korrigieren. Bei den Bindungsspielen gibt kein richtig und kein falsch. Nur eine gemeinsame und hoffentlich sehr angenehme Interaktion zwischen Eltern und Kind.

Im Vordergrund steht, dem Kind während der gemeinsamen Zeit ein sehr angenehmes Gefühl zu vermitteln und sich im besten Fall selbst gut zu fühlen. Wusstet ihr eigentlich, dass ein Erwachsener im Durchschnitt nur 15 bis 20 Mal am Tag lacht – ein Kind dagegen 400 Mal. Noch ein guter Grund für Bindungsspiele, denn Kinderlachen steckt an.

Kinder an die Macht

Die meisten Kinder fühlen sich von Zeit zu Zeit machtlos, weil sie den Erwachsenen körperlich und geistig unterlegen sind. Beim Mädchen äußerst sich das oft darin, dass sie den kleinen Brudi herumkommandiert oder ihn ärgert. In solchen Situationen zu schimpfen, verstärkt ihr Gefühl der Unterlegenheit. Hinzu kommen Ärger, Wut und Scham, was das Piesacken des Bruders in der Regel intensiviert.

Solter legt Eltern bei Konflikten dieser Art Machtumkehrspiele wie Kissenschlachten ans Herz. Die Nestlinge lieben es, wenn ich es das tollpatschige, große Schneemonster spiele, was sie im Familienbett angreift und sie mich dann – gemeinsam vereint – zu Boden zwingen. Ich sinke dann natürlich ganz dramatisch in die Kissen und bin endlos verängstigt, was nach einiger Zeit das Mitgefühl bei beiden weckt. Dann verwandeln sie mich in ein liebes Schmusemonster und sie kraulen und streicheln mich 🙂

Wenn sie an einem Strang ziehen, um mich zu bekämpfen, bilden sie ganz unbemerkt ein Team, obwohl sie sich eben noch die Köpfe einschlagen wollten. Bei Machtumkehrspielen lässt außerdem ihre Gewaltbereitschaft merklich nach, während die Kooperationsbereitschaft wächst. Das liegt daran, dass die Kinder die Gelegenheit erhalten, starke oder schmerzliche Gefühle wie Frustration, Wut, Angst und Machtlosigkeit freizusetzen.

Bitte nicht kitzeln!

„Kitzeln ist eine Form des Angriffs und kann ein Gefühl der Machtlosigkeit hervorrufen. Obwohl die meisten Kinder dabei lachen, kann es sich um eine explosive Freisetzung von Gefühlen wie Angst oder Hilflosigkeit handeln, die durch das Kitzeln verursacht werden.“ (Solter)

Ich biete den Nestlingen stattdessen andere, liebevolle Formen des Körperkontaktes an. Ich tue so, als ob ich auf ihrem Rücken Pizza backe: Nach einer kleinen Massage, streiche ich imaginäre Tomatensauce auf und „belege“ ihre Rücken (während meine Finger unterschiedlich streicheln und klopfen). Sie mögen es aber auch gerne, wenn ich ihnen etwas auf den Rücken/ Bauch schreibe oder male, sie mit ihrem Arztkoffer verarzte oder sie „schminke“. Mit verschiedenen Pinseln und Fake-Schminke das Gesicht bearbeite.

Schlussgedanke

Das Buch Spielen schafft Nähe – Nähe löst Konflikte* von A. Solter ist eines meiner wertvollsten Bücher, mit dessen Hilfe wir schon viele Krisensituationen meistern und in gemeinsames Lachen umlenken konnten. Ich kann es allen Eltern, die sich gelegentlich mit ihren Kindern überfordert fühlen, nur wärmstens ans Herz legen. Denn ich persönlich bin noch heute erstaunt über die verblüffende Wirkung von den eigentlich so banalen Bindungsspielen und ich wünsche mir, dass sie noch viele, viele Familien zusammenschweißen!

Eure Kathrin

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