Ich liege im Bett und meine Blase ist übervoll, doch bei jedem Fluchtversuch droht mir der Bub mit einem energischen Knurren. Ein Augenblick, in dem ich mir einen Klon von mir wünsche oder zumindest 10 Sekunden, damit ich zur Toilette rasen und mich erleichtern kann.
Wegbeamen möchte ich mich auch, wenn ich versuche unser Mittagsmahl zu kochen, während die Große gefühlte zwölfdrillionen Mal wiederholt: „Mami, ich habe Hunger. JETZT!“ und der Bub nicht weniger ungeduldig an meinem Hosenbein hängt. Oder wenn ich mich im Bad einschließe, um wenigstens mein großes Geschäft ohne kleine Beobachter zu verrichten und die beiden sich lautstark vor der Tür darum kloppen, wer zuerst die Klinke herunterdrücken darf.
Szenen dieser Art bietet unser Alltag zur Genüge. Szenen, in denen ich mich laut schnaufen höre und sagen: „Kann ich denn nicht mal in Ruhe….“
Eines Tages kann ich in Ruhe die Wohnung putzen und sogar mich, weil weit und breit kein einziger Nestling zu sehen ist. Dann kann ich mich frei bewegen, weil niemand auf meinem Arm, meinem Rücken oder meinem Fuß sitzen möchte. Und dann kann ich entspannt all meine Aufgaben auf einmal erledigen, weil ich eben nicht ständig von meinen geliebten Nervensägen unterbrochen werde.
Das klingt zugegebenermaßen verlockend, vor allem an Abenden wie heute, an denen ich mir den Weltmeistertitel im Harndrang zurückhalten verdiene. Doch das Leben mit meinen Kindern ist zwar jeden Tag aufs Neue herausfordernd und oft auch anstrengend, aber es gibt dazwischen viele kleine Momente, die mir Kraft und ein Lächeln schenken.
Beim Kochen „parke“ ich beispielsweise das Mädchen mit einem Kochutensil bewaffnet am Herd und den Bub in einer Tragehilfe auf meinem Rücken, damit ich tatsächlich zum Kochen komme. Die Große hilft mit einem stolzen Lächeln, während der Kleine sein Gesicht fest an meine Haut schmiegt und meine Arme mit seinen Patschhändchen streichelt.
Auch die Toilettenszenen enden meist unerwartet leidenschaftlich: Öffne ich endlich die verschlossene Tür, stürzt sich zuerst das Mädchen mit einem jubelndem „MAMI!“ in meine Arme und kurz darauf der Bub. Nach maximal drei ungestörten Minuten im Bad, werde ich so überschwänglich begrüßt, als wenn ich gerade zwei Wochen weg gewesen wäre. Wie kann mir in solchen Momenten nicht das Herz aufgehen?
Noch bin ich die wichtigste Bezugsperson für meine Racker, das ist einerseits eine große Aufgabe, die mich manchmal stark an meine Belastungsgrenze bringt. Aber es ist vor allem eine sehr dankbare und kostbare Zeit, weil sie mir jeden Tag aufs Neue zeigen wie viel ich ihnen bedeute und wie sehr sie mich von ganzem Herzen lieben.
Deswegen genieße ich die verschmutzten Füße, die beim Essen unter dem Tisch mein Knie ertasten; die kleinen Hände, die bei mir Halt suchen; die verklebten Schnuten, die mich abknutschen; die warmen Körper, die sich nachts zielsicher in meine Richtung schieben und ich genieße vor allem die leuchtenden Augen, die mich freudestrahlend anblicken, einfach nur, weil ich da bin.
Elternsein kann furchtbar anstrengend sein, vor allem in den ersten Jahren, in denen wenig Raum für die eigenen Bedürfnisse und Wünsche bleibt. Jedoch fühlen sich selbst die schwierigsten Zeiten nicht schlimm für mich an, was vielleicht eine Frage der Sicht ist. Ich weiß, dass meine Kinder mich weder ärgern, noch mir meine freie Zeit stehlen wollen, wenn sie scharrend vor der Badezimmertür hocken. Sie sind schlichtweg so gerne in meiner Nähe, dass sie manchmal eben nicht mal drei Minuten ohne mich sein wollen. Kann es eine schönere Liebeserklärung geben?
Ich konzentriere mich jedenfalls auf die angenehmen Seiten des Mamaseins und die kleinen Momente, die ich eines Tages, wenn ich meine Ruhe habe, sicherlich vermissen werde. Ich konzentriere mich darauf, einer der gefragtesten Menschen für meine Nestlinge zu sein und genieße im Umkehrschluss ihre bedingungslose Liebe, die sie mir jeden Tag – verpackt in kleine Gesten – schenken.