Foto-Aktion für das Stillen in der Öffentlichkeit

Kathrin Stillen 3 Comments

Der Bub hat seit zwei Tagen hohes Fieber und draußen sind 30 Grad. Den gestrigen Feiertag verbrachten wir gemeinsam mit dem Mädchen und Freunden in einem schattigen Wäldchen mit öffentlichem Spielplatz, wo ich mehrfach angeschaut wurde, wenn ich den Kleinen stillte.

Ich trug nur ein Top (wie auf dem Foto unten) und entblößte beim Stillen entsprechend meine Brust. Nicht weil ich so scharf darauf bin, meinen Busen der Öffentlichkeit zu präsentieren. Nein, mir war heiß, deswegen nur ein Trägershirt. Der Kleine war ultraheiß (39,6 Grad), deshalb wollte ich ihn lieber nicht unter einem stickigen Tuch verschwinden lassen. Und aufgrund seines Fiebers und der hohen Außentemperatur trank er zudem viel und lange – so viel und so lange, dass ich teils stillend über den Spielplatz lief, um wenigstens ein paar Sätze mit dem sonst allein spielenden Mädchen zu wechseln.

Kein Rauswurf möglich

Glücklicherweise musste ich gestern keine öffentlichen Verkehrsmittel nutzen, sonst wäre mir vielleicht ähnliches passiert wie der Frau in Hamburg, die den Bus der Linie 14 verlassen musste, weil sie stillte. Ein Vorfall, der mich vor allem nach meiner öffentlichen „Vielstillerei“ erschütterte, schließlich hätte mich dieses Schicksal auch treffen können.

Diskret, wenn’s geht

Sonderlich gut fühle ich mich nie, wenn ich vor Wildfremden „blank ziehe“, wie es manche bezeichnen. Ich ziehe mich nämlich beim Stillen viel lieber zurück oder ich stille unauffällig im Tragetuch. Einerseits um mich selbst vor Blicken zu schützen (ich werde nämlich nicht gerne angegafft) und anderseits, um anderen unseren Anblick zu ersparen.

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Stillen in der Tragehilfe

 

Manchmal lässt sich das allerdings nicht vermeiden. Denn Babys kennen weder die Uhr noch den Unterschied zwischen zu Hause und nicht zu Hause. Sie kennen nur das üble Hungergefühl und wollen unverzüglich ihre Milch, sobald sich dieses einstellt. Ein paar Minuten lassen sich die Kleinen meist hinhalten, aber jede stillende Mutter tun gut daran, diesem Bedürfnis schnellstmöglich nachzukommen und zwar bevor das Baby vor lauter Hunger aus Leibeskräften schreit und sich auch an der Brust nicht mehr beruhigen lässt.

Worte, die verletzen

„Warum reagierst Du so sensibel darauf?“ fragte mich Thomas heute Morgen als ich einige fiese Kommentare zitierte. „Weil ich es nicht mehr hören kann und die Welt nicht verstehe“ antwortete ich, „vielleicht auch, weil ich aktuell wieder etwas mehr davon betroffen bin.“

Ein schrecklicher Beispielkommentar? Bitte:

„Der Stuhlgang ist auch etwas sehr natürliches, jeder Mensch tut es wenigstens jeden zweiten Tag. Warum setzten diese Frauen sich nicht auch in einem Restaurant auf den von ihnen bestellten Tisch und lassen dem Unvermeidlichen freien Lauf? Ist ja schließlich noch viel natürlicher als das Stillen von Kindern, da es von allen und nicht nur der Hälfte der Menschheit praktiziert wird. Nein! Es gibt Dinge, die müssen andere Menschen nicht sehen. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.“

Warum das Stillen immer mit Pinkeln und Sex verglichen wird und nicht mit Essen, was es nämlich ist, bleibt für mich ein Rätsel. Auch warum von stillenden Müttern gefordert wird, ihre Babys ausschließlich zu Hause zu stillen oder Muttermilch abzupumpen und unterwegs im Fläschchen zu geben. Und überhaupt, warum Leute, die ganz offensichtlich überhaupt keine Ahnung haben, so derartig gemein unter die Gürtellinie zielen.

Unangenehme Blicke

Ich wurde noch nie persönlich, also negativ persönlich auf das Stillen in der Öffentlichkeit angesprochen. Ganz im Gegenteil erhielt ich viele freundliche Blicke, vor allem von älteren Frauen. Junge Frauen und Männer schauen manchmal weniger freundlich drein, aber trauen sich nicht, etwas zu sagen. Vielleicht sind sie nur neugierig oder nachdenklich, wenn sie mich mit ernsteren Mienen anschauen? Vielleicht sogar entrüstet? Ich möchte nichts in ihre Gesichtsausdrücke hinein interpretieren, aber angenehm finde ich dieses Beobachten beim Stillen jedoch nicht.

Es könnte so schön sein

Pudelwohl fühlte ich mich dagegen auf dem Stillkongress in Köln, als ich den Bub ohne schlechtes Gefühl und Gewissen im Speisesaal, bei den Vorträgen, bei den Gesprächen im Gang usw. sofort anlegen und beruhigen konnte, wenn er mopperte. Echt herrlich und so unkompliziert unter Gleichgesinnten.

Ich sah im übrigen keine einzige Frau beim Kongress, die beide Brüste einfach so aus reiner Freude oder Provokation heraus hängen ließ. Die Brüste, die ich sah, nährten kleine friedlich trinkende Schnuten und wurden wieder versteckt, sobald die Mäuler gestopft waren. Hier und da blitzte eine Brustwarze hervor und zwar wenn die Babys neugierig ihre Köpfchen drehten. Aber auch das war kein Grund zur Panik, denn jede(r) von uns weiß wie Brustwarzen aussehen…. Oder etwa nicht?

Aktion für das Stillen in der Öffentlichkeit

Ich habe mich mit unserem Mädchen beim Stillen immer versteckt und ehrlich gesagt langsam keine Lust mehr so zu tun, als wenn ich gerade etwas so Schlimmes mache, das es es im Verborgenen bleiben muss. Erst Recht nicht, wenn stillende Mütter so derartig schlecht behandelt werden, wie die junge Frau gestern in Linie 14.

Nachtrag 2019
 Auch ganz aktuell – im Juni 2019 – wurde wieder eine stillende Mutter (Nina Bott) aus einem Café geworfen, was für viel Wirbel und wilde Kommentare sorgte. Es gibt offensichtlich noch viel zu tun… 

„Hat nicht jemand so ein lustiges „cover yourself“ Bild? Finde gerade leider nichts. Das hätte hier gut gepasst.“ fragte eine Leserin heute Morgen. Sie erinnerte an die großartige Fotoaktion der US-amerikanischen Organisation „Breastfeeding Mama Talk“ und hatte damit die passende Antwort auf Aussagen wie „Man hat als stillende Mutter auch die Möglichkeit sich so zu bedecken, dass niemand was zu gaffen hat.“

Ich bedecke mich von nun an beim Stillen in der Öffentlichkeit. Ist ziemlich warm und drückend. Aber wenn ich damit weniger Aufsehen errege, nehme ich das natürlich gerne in Kauf 🙂

Stillen-bedeckt

Und jetzt seid ihr dran! Denn Bedeckt euch beim Stillen und postet eure Fotos. Am besten auf der Facebookseite der besagten Buslinie. Ein hübscher, digitaler Fleischmops Flashmob, damit Mütter den Hunger ihrer kleinen Racker jederzeit und überall stillen ( ). Ohne aufzuregen, versteht sich 🙂

Eure
(vor Hitze) kochende Kathrin

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