Heute möchte ich euch von unserem missglückten Preschool-Start des Buben (3 Jahre) hier in Larchmont, New York berichten. In unserer gesamten Zeit in Amerika gab es kein Thema, das mich so sehr aufgewühlt hat. Zwischenzeitlich hatte ich sogar ernsthaft in Erwägung gezogen, das Handtuch zu werfen und zurück nach Deutschland zu gehen. Mittlerweile weiß ich aber, dass wir einfach nur großes Pech hatten. Doch lest am besten selbst!
Pre-K, Nursery School, Preschool, Kindergarten?
Ein Blick auf das Betreuungs- und Schulsystem in New York
Damit die Begriffe klar sind, ein kurzer Blick auf das amerikanische Betreuungs- und Bildungssystem, das sich grundlegend vom Deutschen unterscheidet. Babys und Kleinkinder (von wenige Wochen alt bis 3 Jahre) werden von Nannys, Au Pairs oder in sogenannten „Day Care“ Einrichtungen betreut. Ab drei Jahren besuchen amerikanische Kinder eine Preschool, auch Nursery School oder Pre-K genannt.
Diese Übersicht (Bildquelle) veranschaulicht ganz gut, dass öffentliche Schulen mit der Preschool beginnen und zwar in dem Jahr, in dem die Kinder vier werden. Dann folgt der Eintritt in den amerikanischen Kindergarten (= Vorschule) und anschließend die erste Klasse.
Preschools sind im Vergleich zu deutschen Kindergärten sehr akademisch und der Tagesablauf stark strukturiert. An der Preschool des Buben sah der Tagesablauf so aus:
Der Fokus liegt auf dem Erlernen von Buchstaben, Zahlen und anderen akademischen „Skills“. Alle Beschäftigungen erfolgen auf Anweisung. Auf freies und vor allem ungestörtes bzw. unbeaufsichtigtes Spiel wird hier nicht viel Wert gelegt. Der Hintergrund ist, dass die Kleinen bestmöglich auf den Schulstart (amerikanischer Kindergarten) vorbereitet werden sollen.
Warum Preschool? Gibt es keine Alternativen?
Ich war ziemlich betrübt, weil sich hier von klein auf alles ums Lernen dreht und es keine Kindergärten gibt wie wir sie aus Deutschland kennen. Also Orte, an denen Kinder sich frei bewegen und spielen können – bestmöglich mit einem schönen Außenbereich so wie ihn der Waldorfkindergarten des Mädchens hatte. „It’s a totally different world!“ wurde mir dazu von einem Amerikaner gesagt. „Ja!“ dachte ich seufzend.
Wenige Stunden für viel Geld
Anders sind auch die Stunden und Preise. Während wir in Deutschland meist zwischen 25, 35 oder 45 Stunden wählen können, sind hier oft nur 3 Stunden pro Tag üblich. Manche private Preschools bieten auch „ganze Tage“ an, aber gegen entsprechendes Aufgeld. Hier ein paar Zahlenbeispiele aus unserer Gegend:
Freie, öffentliche Preschool
Zur Schule des Mädchens gehört zufälligerweise eine öffentliche Preschool, die einzig kostenlose weit und breit. Die Plätze werden per Los vergeben und ich hatte mein Glück natürlich versucht. Nicht nur aus finanziellen Gründen. Ich fand es gut, dass der Bub die Anlage und einige Kinder schon durch seine Schwester kannte und auch praktisch, beide Nestlinge im selben Haus zu wissen. Im Frühjahr hatte ich meine Zusage im Postkasten, was mich überraschte und freute.
Freude auf den Preschool Start
Obwohl der Bub lange Zeit extrem anhänglich war (Autoschlüssel), sprach er im Laufe des Sommers immer wieder positiv darüber, dass er nach den Ferien mit dem Mädchen zusammen in die Schule darf. Er war freudig aufgeregt, Freundschaften zu schließen und ich glücklich, endlich etwas mehr Zeit für mich zu haben. Leider wurden wir beide schnell in unserer Euphorie ausgebremst.
Demotivierende Wartezeit
Alles fing damit an, dass wir jeden Morgen über eine halbe Stunde bis zu seinem Schulbeginn vor der Schule überbrücken mussten. Der Unterricht des Mädchens beginnt 8.40 Uhr. Die Preschool startet jedoch erst um 9.15 Uhr, um zu großes Verkehrschaos vor der Schule zu vermeiden. Ich versuchte ihn zwar abzulenken – manchmal fuhren wir noch mit dem Rad herum und an Regentagen las ich Bücher vor – aber oft fragte er ungeduldig: „Mama, wann kann ich endlich in die Schule?“
Anstehen vor der Schule
Aus deutschen Kindergärten bin ich es gewöhnt, dass die Kinder bis in ihren Raum gebracht werden, wo sie in der Regel sofort anfangen zu spielen. Bei unserer Preschool versammeln sich alle Kinder vor der Schule. Dort stellten sie sich in drei unterschiedlich farbigen Linien (3 verschiedenen Gruppen) an und warten geduldig auf das Eintreffen aller anderen. Auch auf die Bummler.
Keine Eingewöhnung! Und Tschüss!
Bereits am ersten Schultag sollte ich mich an der Haupteingangstür vom Bub verabschieden. Ich fand das total schräg, weil ich selbst das Mädchen (sie geht jetzt in die 2. Klasse) an ihrem ersten Tag in ihr Klassenzimmer bringen und dort ein paar Minuten mit ihr verweilen durfte. Der Bub hielt meine Hand ganz fest und sagte: „Du sollst mit reinkommen!“ Ja selbstverständlich tat ich das.
Aber eigentlich gab es keine Eingewöhnung. Alle Eltern verabschiedeten sich am Haupteingang und in den ersten Tagen haben etliche Kinder unfassbar geweint und geschrien. Ein Junge hatte sogar versucht seiner Mama hinterherzulaufen und es brauchte zwei Erzieherinnen, um ihn davon abzuhalten. Diese Szene war übrigens mein erster, kleiner Schockmoment.
Ich begleite Dich!
Ich brachte den Bub auch an den folgenden Tagen bis in sein Klassenzimmer, obwohl ich die einzige war und man mich stets erinnerte, dass bald „niemand“ mehr mit rein darf. Doch ich nickte immer nur lächelnd. So verstrich die erste Woche recht problemlos.
Kein Sonderrecht mehr
In der zweiten Woche erklärte mir die Preschool-Leiterin, dass ich zwar weiterhin mit in die Schule dürfe, mich dafür aber bei unserem Sicherheitsmann eintragen müsse. Dieser jedoch gab mir zu verstehen, dass er niemanden hinein lassen könne. Dass ich mich wie alle anderen Eltern am Eingang verabschieden müsse. Dass er keine Ausnahme machen könne. Ich wisse ja, was an amerikanischen Schulen passiert sei.
Nach dieser Ansage war ich fix und alle. Ich begann auf der Stelle zu weinen. Der Bub ging gerne in die Schule und wollte doch nur, dass ich ihn den langen Weg (etwa 7-8 Minuten Fußmarsch für die Kleinen) durch die Schulgänge begleite. Das alleine reichte ihm, um sich problemlos von mir zu verabschieden. Ich konnte nicht glauben, dass man uns diesen schlichten Wunsch, selbst auf mehrfaches Bitten hin, verweigerte. Das war für mich der erste, wirklich schwarze Tag hier in Amerika.
Du schaffst das!
Doch ich lasse mich nicht so schnell unterkriegen und versuchte zunächst die Schulleiterin zu kontaktieren. Erfolglos. Ich erreichte sie nicht und sie rief nie zurück. Mega frustrierend.
Weil der Bub mir mehrfach versichert hatte, gerne hinzugehen und er zudem gerade alles alleine machen wollte, sprang ich entschlossen auf diesen Zug auf. Ich erklärte ihm offen und ehrlich, dass ich nicht mehr bis zu seinem Klassenraum mitgehen darf. Dass ich das ihm zuliebe gerne tun würde, aber nun wie die anderen Eltern an der Tür „Tschüss!“ sagen muss. Ich fügte hinzu, dass ich glaube, dass er den Weg ganz gut ohne mich schafft. Wir waren ihn ja schon ein paar Mal gegangen. Außerdem erinnerte ich ihn daran, dass er ein Kämpfer ist, der sogar steile Berge alleine mit dem Rad bezwingt. Er nickte und willigte ein.
Am nächsten Morgen marschierte er tatsächlich alleine in die Schule. Ich war super stolz auf ihn. Glaubte für einen Augenblick sogar, dass er diesen Anschubser vielleicht gebraucht hat. Aber dann wuchsen seine „Beschwerden“…
Mama, es ist so laut!
Bereits seit Schulbeginn hatte sich der Bub wiederholt über die Lautstärke im Klassenzimmer beschwert. Doch er hatte nicht nur Probleme mit den Ohren, auch mit der Nase und überhaupt stimmte so einiges nicht. Er erzählte mir, dass manche Kinder stinken. Dass ihn einige kneifen und ärgern. Er fand es blöd, dass sie – aus Sicherheitsgründen – immer nur auf den „Baby-Spielplatz“ gehen und nicht auf den für große Kinder direkt vor der Klassenzimmertür, wo er seit einem Jahr am liebsten turnt. Nach der Preschool war er super schlapp und anhänglich. Nachts plagten ihn außerdem Alpträume und zwar zum ersten Mal in seinem Leben.
Die Erzieher sagen: „He was great!“
Ich versuchte Optimismus auszustrahlen, malte ihm täglich einen Hugbutton auf die Hand und gab ihm ein nach mir duftendes Schnuffeltuch mit. Ich versprach ihm außerdem, mit den Erziehern zu reden.
Von denen hörte ich bei der Abholung nämlich immer nur „Oh, he was great as usual!“ Erst auf meine konkrete Nachfrage hin (der Bub hatte mir die Namen der „Pikser“ genannt) kam: „Ja, da war was, aber wir haben die Kinder auseinandergesetzt und jetzt ist es geklärt.“ Keine Ahnung, ob das Thema damit zufriedenstellend für den Bub geklärt war.
Ich will nicht mehr in die Schule!
Am Anfang der dritten Woche sagte er mir, dass er nicht mehr gehen möchte. An diesem Montag regnete es in Strömen, was bedeutet, dass die Kinder von den Erziehern aus dem Auto heraus in Empfang genommen werden. Er war so überrascht, als die Autotür aufging, dass er einfach mitlief. Ich seufzte.
Am nächsten Tag lief ich wie gewohnt mit ihm zur Eingangstür. Er schlang seine Arme um meinen Hals und wiederholte immer wieder, dass er nicht in die Schule möchte. Ich versuchte ihn an seine „Freunde“ zu erinnern und an das, was ihm in der Schule am meisten Freude bereitet. Doch da brach er in Tränen aus und flehte mich an, ihn mit nach Hause zu nehmen. Ich erfüllte seinen Wunsch.
Ist er krank?
Zuerst dachte ich, er brütet etwas aus. Wie gesagt, er schlief schlecht und wirkte super schlapp. Doch bei einem zufälligen Picknick mit Freunden am selben Tag merkte ich wie quietschfidel er plötzlich sein konnte.
Eine gute Eingewöhnung ist Gold wert
Von da an kreisten meine Gedanken unermüdlich. Ich musste ständig an Deutschland denken und wie normal ein Eingewöhnungsprozess (zum Beispiel nach dem Berliner Modell) in den meisten Einrichtungen mittlerweile ist. Weil bekannt ist, dass Kinder sich nur dann öffnen und nachhaltig lernen können, wenn sie sich emotional sicher und wohl fühlen. Weil es genügend wissenschaftliche Belege dafür gibt, dass sich eine gute Eingewöhnung positiv auf die Befindlichkeit der Kinder auswirkt. Weil geduldig und gut eingewöhnte Kinder nicht nur einen deutlich niedrigeren Stresslevel haben, während der Trennung von Eltern, sondern auch signifikant seltener krank sind. (So viel Freude, so viel Wut*, Nora Imlau)
Kann ich den Betreuern vertrauen?
Die Eingewöhnung ist allerdings nicht nur für die Kinder wichtig, sondern auch für mich als Mutter. Ich möchte sehen wie die Betreuer mit meinem Nestling umgehen. Sind sie herzlich und liebevoll? Nehmen sie seine Gefühle Ernst? Gehen sie empathisch mit ihm um? In einer längeren Eingewöhnungsphase lerne ich die neuen Bezugspersonen nicht nur besser kennen, sondern auch, ihnen zu vertrauen.
An unserer Preschool blieben mir nur wenige Momentaufnahmen, um mir ein Bild zu verschaffen. Entsprechend dürftig sah es aus. Traurige und weinende Kinder bekamen zu hören „It’s ok! Calm down! You are safe!“ Niemand wurde in den Arm genommen und liebevoll getröstet. Nach einer Weile fragte ich mich, ob das vielleicht sogar eine Art „safety regulation“ war, also die Kinder nicht anzufassen!? Das ist aber nur ein Gedanke…
Doch ich brauche eigentlich gar keine Beispiele der Kinder zu nennen, denn ich selbst stieß mit meinen Gefühlen und Gedanken auf wenig Verständnis. Meine Anwesenheit im Schulgebäude wurde widerwillig geduldet und ich wie gesagt stets daran erinnert, dass es bald Zeit sei, sich zu trennen. Ich kam mir vor wie ein lästiger Störfaktor, von Empathie oder verständnisvollen Gesten keine Spur.
Entspricht die Einrichtung den Bedürfnissen meines Kindes?
Von den Erziehern abgesehen, gab es zwei weitere Aspekte, die mir Bauchschmerzen bereiteten. Einerseits bin ich überzeugt davon, dass Kinder solange wie möglich spielen sollten. „Das kindliche Gehirn ist kein Computer, den es möglichst effizient zu programmieren gilt, oder gar so etwas wie ein leeres Fass, das mit möglichst viel Wissen abzufüllen ist. […] Nur dort, wo Kinder frei und unbekümmert spielen können, haben sie Gelegenheit, die in ihnen angelegten Potenziale zu entfalten. Aus sich selbst heraus und mit der damit einhergehenden Begeisterung über sich selbst“ (aus Lasst unsere Kinder spielen*, Gerhald Hüter).
Andererseits brauchen Kinder in dem Alter ausreichend Bewegung an der frischen Luft. Selbst in Texas hat man gemerkt, dass viele Hofpausen die Konzentration und das Denkvermögen junger Schüler erhöhen (Quelle). Unsere Preschool jedoch sah nur maximal 15 Minuten im Freien vor (siehe Foto Tagesablauf oben), bei kaltem Wetter oder Regen spielten die Kinder gar nicht draußen.
Bauchschmerzen sind kein Grund zu Hause zu bleiben!
Das i-Tüpfelchen waren jedoch Handzettel von der Schule, auf denen geschrieben stand, dass regelmäßige Anwesenheit wichtig für den Erfolg (!) der Schüler sein und dass Bauch- und Kopfschmerzen nur ein Zeichen für Ängste seien, aber kein Grund das Kind zu Hause zu lassen. Da wurde ich echt sauer.
Wie kann ich mein Kind zu etwas überreden, wovon ich nicht selbst überzeugt bin?
All diese Überlegungen verdichteten sich zu einem Gedanken: Das ist nicht der richtige Ort für uns.
Versteht mich nicht falsch. Abschiedsschmerz ist völlig in Ordnung und ich musste den Bub beispielsweise vor der Auswanderung mehrfach weinend bei Oma lassen. Das war überhaupt nicht schön, für keinen von uns und auch nicht meine Idealvorstellung. Aber ich wusste, dass er bei Oma gut aufgehoben ist. Sie sich liebevoll um ihn kümmert. Mit ihm spielt, ihn tröstet und kuschelt. Da war eine solide Vertrauensbasis, so dass ich ihn trotz Tränen immer mit gutem Gewissen abgeben konnte.
Wie sollten wir jedoch unser Kind uns wildfremden Menschen überlassen, die unsere Werte nicht im Ansatz teilen? Menschen, die weder meine Gefühle noch die meines Kindes Ernst nehmen? Mir ist es nicht wichtig, dass er bis zum Ende des Schuljahres seinen Namen schreiben oder besonders gut stillsitzen kann. Wir brauchen warme, einfühlsame Betreuungspersonen, bei denen sich der Bub sicher und gut aufgehoben fühlt.
Hast Du das nicht vorher gewusst?
Als ich bei Instagram über unsere Eingewöhnung berichtete, wurde ich gefragt, ob ich mich nicht vorher informiert hätte. Klar, habe ich das. Ich wusste, dass das System hier sehr verschult ist, aber daran ist ja nichts zu rütteln.
Allerdings hatte ich im Leben nicht damit gerechnet, dass die Begleitung meines Kindes in der Anfangszeit ein Problem darstellen könnte. In meiner Gedankenwelt gehörte das ganz selbstverständlich dazu, zumal er noch so jung ist und noch nicht fließend Englisch spricht. Deswegen hatte ich diesbezüglich nie explizit nachgefragt. Aber das ist mir nun eine Lehre und in Zukunft meine Frage Nummer eins…
Es geht auch anders!
Im Gespräch mit anderen Mamas erfuhr ich, dass unsere Preschool wohl das schwarze Schaf unter den hiesigen Einrichtungen ist und ich erntete viele entrüstete Reaktionen bei meinen Schilderungen, was mich ungemein erleichterte. Es scheint spielorientierte Preschools hier zu geben, mit liebevollen, trostspendenden Erziehern. Einrichtungen, in denen die Anwesenheit der Eltern in den ersten Tagen (ja manchmal sogar Wochen) begrüßt wird. Allerdings alles private Schulen, die wir uns zu diesem Zeitpunkt schlichtweg nicht leisten konnten.
Mehr Geld oder nach Deutschland zurück!
Das Thema machte mich echt traurig, weil der Bub mit fast vier Jahren wirklich bereit war für den Kindergarten und ich mich über potentielle Spielkameraden für ihn und ein paar Stunden Arbeitszeit riesig gefreut hatte. Die Vorstellung, ihn einen weiteren Winter komplett alleine zu Hause zu betreuen, klang zugegeben nicht sonderlich verlockend, hauptsächlich, weil vormittags weit und breit kaum andere Kinder zu sehen sind und es ziemlich einsam werden kann. Aber das ist dennoch 1000 Mal besser, als ihn zur Preschool zu zwingen.
Trotzdem kann bzw. will ich ihn nicht die knapp zwei Jahre bis zum Schulstart bei mir lassen. Das fühlt sich nicht gut und richtig für mich an. Deswegen gab es langfristig gesehen genau zwei Möglichkeiten für uns: Entweder deckt der Arbeitgeber die Kosten für eine private Preschool oder wir müssen nach Deutschland zurück. Auf letzteres hatten wir eigentlich gar keine Lust.
Zum Glück erkannte Thomas’ Firma unsere Problematik und bot ohne zu Zögern finanzielle Unterstützung an. Ach, hätte ich das nur eher gewusst… Zumindest kann ich mich nun in aller Ruhe nach einem neuen Ort für den Bub umschauen. Auf meine Frage hin, ob er denn Lust hätte in einen Kindergarten zu gehen, wo er mit anderen Kindern spielen kann (das Wort Schule darf ich vorerst nie wieder benutzen), hatte er eifrig genickt. Dementsprechend stehen hier nun in Kürze ein paar Besichtigungstermine an. Ich bin echt gespannt.
Schlussgedanke
Im Ausland zu leben, bedeutet für mich unter anderem, mich mit ungewohnten Gepflogenheiten und Verhaltensregeln zu arrangieren und bislang ist mir das immer ganz gut gelungen und zwar ohne mich dabei komplett zu verbiegen. Als es jeder um mich herum beim Preschool-Start plötzlich alles total anders machte als ich, stiegen ab einem gewissen Punkt leise Zweifel in mir auf.
Dann dachte ich an all die Texte, die ich über elternbegleitete Eingewöhnung gelesen habe und begann sie in Frage zu stellen. Was war richtig? Was war falsch? Und letztendlich kam ich wieder zum Kern des Mutterseins: Ist es nicht völlig egal, was andere machen oder denken oder für richtig halten? Sind Artikel und Bücher nicht irrelevant, wenn mein Herz mir deutlich zeigt, was für MICH richtig ist. Wenn die Stimme meines Kindes mir klar zu verstehen gibt, was es braucht?
Der Bub wollte nichts mehr, als dass ich ihn bis in sein Zimmer begleite. Dass ich seine kleine Hand halte, während er durch die großen, langen Hallen des Schulgebäudes schreitet. Eine feste Umarmung, einen saftigen Kuss und meine Beteuerung, dass ich ihn nach Schulschluss wieder abhole. Das gab ihm Kraft und Sicherheit, die er bei 20 neuen Kindern, zwei neuen Lehrern und einer völlig neuen Morgenroutine schlichtweg brauchte.
Ich glaube nicht daran, dass wir unsere Kinder in so jungen Jahren abhärten und anpassen müssen, damit sie es lernen, selbstständig und unabhängig zu sein. Ich bin fest davon überzeugt, dass nichts unsere Kinder mehr stärkt, als unsere Nähe, Geduld und Unterstützung und zwar genau so lange wie sie es brauchen.
Mein Bub will selbstständig sein und wird eines Tages in einen Kindergarten gehen. Da bin ich sicher. Ohne Zwang, ohne Druck, ohne Erpressung, sondern mit Ermutigung und ganz viel Liebe!
Eure Kathrin