Nachdem ich unseren „natürlichen Spielgarten“ erfolgreich angelegt hatte, widmete ich mich dem Projekt „Weniger Spielzeug im Kinderzimmer“. Denn schon seit Wochen nervte mich das ständige Chaos im Zimmer der Großen, das vor allem dadurch entstand, weil der Bub immer alle Spielsachen ausräumte und wild verteilte, während das Mädchen versuchte, ihre Schätze auf ihrem höchsten Schrank vor dem Kleinen zu verstecken.
Der Bub war eigentlich der Einzige, der spielte und zwar „Wie bedecke ich den Boden am schnellsten mit allem, was ich finden kann?“ Das Mädchen hingegen war so sehr mit dem Zurückerobern und Horten ihrer Sachen beschäftigt, dass für sie ans Spiel schon lange nicht mehr zu denken war.
Ausmisten mit Einverständnis
Als ich dann neulich den kleinen Spielzeugberg auf dem Schrank, die vielen mit Kram gefüllten Kistchen und lose verstreuten Einzelteile auf dem Boden sah, packte mich plötzlich die Aufräumlust. Bevor ich loslegte, fragte ich das Mädchen allerdings: „Hast Du etwas dagegen, wenn ich Dir ein Regal für Deinen Pferdestall (ihr Lieblingsspielzeug) frei räume, das für den Kleinen unerreichbar ist und dafür all die anderen Spielsachen wie das Puppenhaus zusammenpacke und in den Keller stelle?“ Sie entgegnete nur: „Nein habe ich nicht, ich spiele ja überhaupt nicht damit!“
Dass sie so widerstandslos all ihre Sachen hergeben würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Das überraschte und erleichterte mich, denn ich wollte ganz dringend ausmisten und ihre Reaktion bestätigte meine Beobachtungen der letzten Monate: Die meisten Spielsachen, die sie besitzt, sind ihr schnurzpiepegal.
Ein nahezu spielzeugfreies Kinderzimmer
Während sich das Mädchen ungestört um ihre Pferde kümmerte (den Pferdestall auf dem für Nestling Nr. 2 unerreichbaren Regal hatte ich ihr natürlich als erstes eingerichtet) und der Bub in alter Gewohnheit Kleinteile von A nach B schleppte, räumte ich das Kinderzimmer der Großen aus. Und zwar radikal.
Übrig blieben neben dem Reitstall lediglich Knete und Malutensilien, weil sich beide Nestlinge gerne damit beschäftigen. Eine Kiste mit Bilderbüchern, obwohl ich auch deren Inhalt schon um die Hälfte reduziert hatte. Ein paar Knobelhefte und eine Puppe mit Bett. Letztere allerdings eher für den Bub, weil er das Bett so gerne durch die Gegend schleppt.
Die Idee für den drastischen Frühjahrsputz lieferte mir übrigens der Blog „spielzeugfreies Kinderzimmer“, auf dem Bloggerin Paula bereits im Dezember von ihrem spielzeugreduzierten System berichtete:
- Alle Spielsachen wurden ordentlich verstaut und außer Reich- und Sichtweite der Kinder weggepackt
- Jedes Kind durfte sich max. 3 Dinge aussuchen (wobei ein Ding z.B. eine Puppe mit ihren Anziehsachen oder die Legokiste sein kann), die es “unten” im Zimmer zum Spielen haben möchte.
- 1 x die Woche besteht die Möglichkeit, Spielzeug auszutauschen
Ihre „Säuberungsaktion“ und ihre positiven Erfahrungen inspirierten mich, es ihr gleich zu tun. Denn warum wahllos Spielzeug ansammeln, wenn es nur zum Herumwerfen benutzt wird? Warum nicht den Fokus auf wenige, dafür für die Kinder interessante Sachen lenken, wenn es den Spieltrieb fördert und das Chaos minimiert?
Eine alters- und entwicklungsgerechte Spielumgebung schaffen
Ich bin übrigens nicht dafür Spielzeug komplett aus dem Leben meiner Kinder zu verbannen, vielmehr geht es mir darum ihre Spielbereiche regelmäßig an ihr Alter und ihre Entwicklung – an ihre unterschiedlichen Spielphasen – anzupassen, damit sie auch von ihnen genutzt werden (können). Denn es bringt beispielsweise nichts unseren Bub (1,5 Jahre) vor ein Holzpuzzle zu setzen, auch wenn es nur vier Teile hat, weil er damit schlichtweg noch nichts anfangen kann. Die Große (fast 5 Jahre) wiederum würde ich mit demselben Holzpuzzle gnadenlos unterfordern. Es bliebe also derzeit unbeachtet von beiden im Regal liegen.
Außerdem mache ich immer wieder die Erfahrung, dass völlig normale Alltagsdinge oft wesentlich reizvoller für meine Nestlinge sind, als „richtiges“ Spielzeug. Zwei einfache zwei Meter lange Seile sorgen hier beispielsweise für den größten Spaß. Die können sie zum Seilspringen benutzen, als Zügel und Hundeleine (die Große führt den Kleinen oder umgekehrt) oder – auf dem Boden liegend – als Balancierlinie für akrobatische Kunststücke.
Interessen des Kindes fördern
Wann sich ein Kind in welcher Spielphase befindet und welche Dinge in welchem Alter reizvoll sind, lässt sich schnell herausfinden, in dem wir unsere Kinder im Alltag/ beim Spiel beobachten. Die Interessen unseres Mädchens beispielsweise änderten sich in den ersten Jahren ziemlich schnell: Mit einem Jahr nahm sie unsere Wohnung auseinander, mit zwei Jahren schob sie unermüdlich ihren Puppenbuggy durch die Gegend, mit drei versuchte sie uns täglich mehrfach in ihren Kaufmannsladen zu locken (Rollenspiel) und mit vier Jahren perfektionierte sie die „Als-ob-Spiele“: „Mami, wir tun so, als ob ich Deine Mama wär und Du mein Kind!“ An der frischen Luft – mit Sand, Wasser, Stöckchen und Steinchen – spielte sie in jedem Alter jederzeit gerne.
Bei der lieben Anna vom Mars fand ich idealerweise viele Inspirationen wie ich die Interessen meines Mädchens (mir im Haushalt zu helfen und Dinge selbstständig machen zu wollen) fördern konnte oder es mir gelang, ihr Interesse für bestimmte, neue Tätigkeiten zu wecken. Als der Bub noch nicht da war, probierten wir uns durch viele Montessori-angeregte spielerische Übungen, die sie mit großer Lust und Konzentration umsetze.
Wie arrangiere ich Spielzeug für zwei Kinder?
Spielzeug nur für das Mädchen bereitzustellen, war ein Kinderspiel. Vielleicht erinnert ihr euch noch an unsere Spielecke im Wohnzimmer (in der alten Wohnung), in der ich alle Bastel- und Malutensilien gut sortiert in verschiedenen Kartons im Regal aufbewahrte?
Dieses Ordnungssystem übernahm ich zunächst auch in unserem neuen Heim, allerdings sieht der Bub solch eine akkurate Anordnung als Aufforderung alle Kisten bei jeder Gelegenheit zu plündern. Das ist echt blöd.
Das einzige, was mir dazu einfällt, ist gefährliche Dinge (Leim, Schere) und die Kisten mit Kleinteilen (Farben, Büroklammern usw.) auf dem Fensterbrett zu parken. Das sieht zwar nicht sonderlich schön aus, aber da kommt eben nur die Große dran. Ansonsten schwöre ich mittlerweile auf ein spielzeugreduziertes Kinderzimmer, denn wo nicht viel ist, kann auch nicht viel Chaos entstehen!
(Links ein Kleiderschrank und das kleine Regal mit dem Reitstall – oben an der Wand schaukeln ihre Plüschtiere. Rechts das Puppenbett und die Kisten mit dem Bastelkram auf dem Fensterbrett.)
Letzter Versuch: Spielelandschaft
Um ein Haar hätte ich übrigens das komplette Spielzeug aus dem Kinderzimmer verbannt, doch der Artikel „Wie man eine schöne Spielelandschaft baut“ von Zuckersüße Äpfel bewahrte mich davor. Darin beschreibt Tanja nämlich wie sie gelegentlich kleine Szenen für ihre Kinder aufbaut. „Diese können passend zu Jahreszeit sein, einem Fest, nach einer Geschichte aus einem Buch oder einfach Fantasiewelten.“
Da das Mädchen seit einiger Zeit reitet – sie geht darin völlig auf und scheint diesbezüglich ein Naturtalent zu sein – baute ich einen kleinen Stall aus einem alten Pappkarton, in den ich ihre Pferde stellte. Und tatsächlich spielte sie zunächst täglich damit, allerdings legte sich ihr Enthusiasmus nach zwei bis drei Wochen wieder.
Ich werde nun nicht im Zwei-Wochen-Takt eine neue Spielelandschaft kreieren, um ihre Neugier zu wecken, dafür bin ich viel zu faul und zu überzeugt, dass auch Langeweile den Spieltrieb und die Kreativität der Kinder fördert. Aber ich finde die Idee hübsch und werde sie im Hinterkopf behalten für die düsteren Wintermonate, in denen wir nicht den ganzen Tag an der frischen Luft verbringen können.
Wie geht es weiter?
Wir werden uns in Zukunft genau überlegen, was wir unseren Nestlingen schenken und Familienmitglieder und Freunde vor Weihnachten und Geburtstagen sicherheitshalber daran erinnern, nicht in einen Kaufrausch zu verfallen (funktioniert leider nicht bei allen). Denn es ist echt schade um das Geld, wenn teure Spielsachen ausschließlich als Wurfgeschoss dienen und davon abgesehen sorgt weniger und dafür ausgewähltes Spielzeug meiner Erfahrung nach für wesentlich mehr Spielfluss als ein üppiges Überangebot.
Das Lager im Keller haben wir in den Wochen seit der Aufräumaktion zweimal geplündert – allerdings nur, weil die Große Besuch hatte und die Mädels sich Gesellschaftsspiele wünschten. Im Winter wühlen wir uns sicherlich noch öfter durch die Kisten, allerdings werde ich die Anzahl der Teile, die nach oben dürfen wie Bloggerin Paula begrenzen. Es sei denn das sorgt eines Tages für großes Gefühlschaos, dann dürfen die Nestlinge natürlich gerne auch mehr aussuchen.
Fazit
Das Ausmisten war ein Befreiungsschlag, der sich so gut und erleichternd anfühlte, dass ich das in Kürze auch in den anderen Räumen starten werde. Im Wohnzimmer befinden sich beispielsweise noch vier Holzkisten (mit Bausteinen, Autos, Büchern und Musikinstrumenten gefüllt), die aktuell sicherlich niemand vermissen würde. Aber auch mein „Erwachsenen-Kram“ in Küche, Bad und Kleiderschrank könnte dringend einer Reduzierung unterzogen werden. Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass wir eventuell nach New York ziehen.
Euch kann ich dringend empfehlen – sofern Ihr es nicht eh schon lange getan habt – zumindest einen großen Teil Eures Spielzeuges für eine gewisse Zeit wegzuräumen und zu schauen wie Euer Nachwuchs darauf reagiert. Unsere Nestlinge streiten sich zwar immer noch genauso oft und intensiv wie vorher – sie würden sich im Zweifelsfall wahrscheinlich auch um einen Fussel kloppen, aber ich habe das Gefühl, dass sie seitdem mehr miteinander spielen (Fangen zum Beispiel). Außerdem entsteht tatsächlich weniger Unordnung, was immerhin ein paar Minuten weniger Aufräumzeit bedeutet.
Bei Facebook gibt es übrigens eine „Spielzeugfreies Kinderzimmer – Gruppe„, aber ihr könnt Eure Erfahrungen, Meinungen und Fragen auch gerne unter diesem Artikel platzieren!
Eure aufgeräumte Kathrin